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Das Ausland. 1,2.1828

wieder eine ähnliche Summe in Scheinen ausgäbe, könnte man binnen kurzer Frist die ganze Operation bewerkstelligen.

Als dieser Plan im Unterhause zur Berathung kam, wurde behauptet, daß diese Maßregel alles Landeigenthum in die Hände unredlicher und schlauer Advocaten bringen würde. Aber von dieser Furcht kann man sich sehr leicht befreien. Man dürfte ja nur durch ein Gesetz bestimmen, daß der Ankauf von Land, welches feil geboten würde, um Geld zur Abtragung der Capital-Beschatzung zu erhalten, ein unter allen Umständen gültiger und unanfechtbarer Rechtstitel seyn solle. Es ist leicht zu begreifen, daß hierin keine Ungerechtigkeit liegt, auch in dem Falle wenn dieser Rechtstitel ohne ein solches Gesetz nicht gültig gewesen wäre. Denn, um dies durch ein Beispiel zu erläutern, gesetzt A hätte einen Theil seines Grundbesitzes erkauft, um seinen Antheil an der Staatsschuldencontribution abzutragen, und es fände sich nachher, daß dieser Grundbesitz das Eigenthum von B gewesen sey, so hätte dieser doch durch den Verkauf keinen Schaden erlitten; denn hätte er dasselbe zur Zeit der Beschatzung auch selbst besessen, so hätte er ja ebenfalls ein gleiches Stück Land, oder ein Aequivalent dafür verloren. Man braucht daher nicht zu fürchten, daß durch die Ausführung dieses Plans Processe um alles Landeigenthum im Lande veranlaßt werden würden; im Gegentheil würde man gar keinen bessern Rechtstitel aufweisen können, als den eines solchen Kaufs, und für die Advocaten wäre daher eben keine Seide dabei zu spinnen.

Wir wollen indessen gar nicht in Abrede stellen, daß die Annahme dieses Plans nicht auch viele Inconvenienzen mit sich führe. Fox bemerkte bei Gelegenheit der Debatten über die Bank-Beschränkungs-Acte, daß der, welcher von der Ausführung positiver Pläne spricht, und viel Gutes herbeizuführen hofft, ohne irgend etwas Schlimmes zu wagen, nicht der Mann ist, von dem man in schwierigen Tagen viel Nutzen erwarten kann. Es bleibt nichts übrig als zwischen zwei Uebeln zu wählen. Der einsichtsvolle Arzt wird sich freuen, wenn er ein Mittel findet, wodurch er die todbringende Krankheit aus dem Wege räumen kann, wenn auch das Mittel selbst nicht ohne Nachtheile ist.

Die Inconvenienzen, die hier nothwendig statt finden, sind alle nur sehr vorübergehend; während wir durch ein einmaliges Opfer das wir bringen, uns von einer Last befreien, die, wenn dieß nicht geschieht, ewig fortdauern muß, und zugleich die Regierung in den Stand setzen, alle die Auflagen zurückzunehmen, die jetzt vorzüglich die mittleren und ärmern Volksklassen so hart drücken. Wir haben schon früher bemerkt, wie wenig wir von einer allmäligen Abbezahlung der Staatsschuld durch den Ueberschuß der Einnahme hoffen, da gar nicht zu berechnen ist, was aus der ungeheuren Schuld werden sollte, wenn wir wieder in einen ernsthaften Krieg verwickelt würden. Aber wenn auch der Friede noch eine Reihe von Jahren fortdauerte, so ist unsere Lage doch nicht ohne Bedenklichkeiten. Die hohen Abgaben sind immer ein großes Hinderniß für die Fortschritte unserer Industrie, und wenn dieselben unseren Wohlstand auch nicht zerstörten, so wirkten sie doch auf jeden Fall hemmend auf das Zunehmen desselben ein.

Hume hat in seinem Versuch über den Staatscredit die Behauptung aufgestellt, „daß entweder das Land die Schuld vernichten, oder die Schuld das Land vernichten würde.“ Aber eine gesunde Politik und die ersten Grundsätze der Gerechtigkeit verlangen, daß die, welche dem Staat ihr Geld geliehen haben, nicht allein den Verlust leiden. Eine Nationalschuld läßt sich nicht dadurch tilgen, daß man sie von den Schultern aller, die sie mit Recht tragen müssen, auf die Schultern einer besondern Klassen schiebt, die nicht verpflichet ist mehr zu tragen, als ihren angemessenen Theil. Wir müssen einmal eine große Kraftanstrengung machen, um das Umsichgreifen der Armuth zu verhindern, und den Druck, welcher den Kern der Nation, die mittleren Stände, trifft, zu erleichtern. »Ein Land,“ sagt Ricardo, „das sich in die Schwierigkeiten verwickelt hat, die eine große Staatsschuld mit sich bringt, handelt klug, wenn es sich durch die Aufopferung eines Theils seines Eigenthums von denselben befreit.«

Bevor wir schließen, müssen wir noch bemerken, daß man oft gemeint hat, die Vortheile, die aus diesem Plan hervorgingen, seyen nicht so groß, als behauptet werde. Diejenigen, welche dieser Ansicht sind, sagen, daß die Capitalisten, die jetzt mit Abgaben belastet sind, um die Interessen für die Staatsschuld herbeizuschaffen, in unserem Falle einen verhältnißmäßigen Antheil ihres Vermögens auf die Inhaber der Staatspapiere übertragen müßten, daß also ihr Verlust auf der einen Seite ihrem Gewinn auf der andern das Gleichgewicht halten würde, und die ganze Maßregel daher ein unnützes Spiel wäre. Aber nichts ist unrichtiger als diese Darstellung. Wir wollen annehmen, um unsere Ansicht wo möglich noch verständlicher zu machen, daß die Maßregel, wovon die Rede ist, wirklich in Ausführung gebracht, und die Hälfte der Staatsschuld in der That abbezahlt wäre. Unter dieser Voraussetzung würde ein Eigenthum von ungefähr 300 Mill. an Werth auf die Fondsinhaber übergehen, und dagegen etwa 15 Mill. an aufgehobenen Abgaben gewonnen werden. Nun ist es auf den ersten Blick klar, daß hierdurch nichts verloren seyn kann; ist es aber nicht eben so offenbar, daß sehr viel dadurch gewonnen ist? wenn auf einmal 15 Millionen jährlicher Abgaben aufgehoben werden, so muß nothwendig der Preis der meisten Lebensbedürfnisse sinken, und wenn dies geschieht, so steigt auch die Quote des Gewinns, und aller Grund fällt weg, seine Kapitalien ins Ausland zu schaffen; der auswärtige Handel des Landes wird erweitert, und aller Gewerbsfleiß befördert. Jedermann würde darnach streben, sein Vermögen von den Lasten, mit denen dasselbe in Folge unserer Maßregel beschwert worden wäre, durch außergewöhnliche Anstrengung zu befreien. Wäre nun mit dieser Maßregel noch die Aufhebung derjenigen indirecten Steuern verbunden, auf welche wir den Leser oben aufmerksam gemacht haben, so würde höchst wahrscheinlich in wenig Jahren, jener ganze Theil des Kapitals, der durch die einmalige starke Besteuerung aufgeopfert wurde, durch größere Thätigkeit und Sparsamkeit wieder eingebracht seyn.

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_069.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)