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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 21. 21. Januar 1828.

Ein Besuch bei dem Krater des großen Vulkans von Kirauea.

Von Charles Stewart, Missionär auf Hawaii. (Owaihi.)




Am frühen Morgen des 27 Junius 1825 traten wir unsere Reise nach dem Vulkane an. Die Fürstinn Kaahumanu hatte alles gethan, um unsern kleinen Ausflug so angenehm als möglich zu machen. Gegen hundert Eingeborne trugen unser Gepäck. Kleine Hütten waren in Zwischenräumen von zwölf bis fünfzehn (engl.) Meilen zu unserer Bequemlichkeit errichtet, und das Volk des einzigen bewohnten Distrikts, durch den uns unser Weg führte, war schon eine Woche zuvor von der Reise des „brittischen Oberhauptes“ benachrichtigt worden, mit dem Befehl – Schweine, Hühner, Kartoffeln u. s. w. in hinlänglichem Vorrath bereit zu halten, um die Gesellschaft damit versehen zu können.

Während der ersten vier Meilen war die Gegend hügelig und offen, und nur mit kleinen Gruppen und Gebüschen von Brodfruchtbäumen, dem Lauala (pandanus) und Tutui oder Kerzenbaum (candletree) besetzt. Hierauf kamen wir in einen Wald, der größtentheils aus hohen und weitausgebreiteten Kerzenbäumen bestand; die weißlichen Blätter und Blüthen derselben bildeten den anmuthigsten Kontrast gegen das dunkelgrüne Laub der verschiedenen Rankengewächse, die in üppigen Bündeln und Gehängen sich von ihren Gipfeln bis zum Boden herabzogen, und auf diese Weise ihre Stämme mit dicken und dunkelschattigen Lauben umgaben. Je tiefer wir in den Wald eindrangen, desto dunkler wurde das Dickicht zu beiden Seiten des Weges. Dieser ging anderthalb Stunden weit, bis wir aus dem Walde wieder heraustraten, über zerbröckelte, scharfe Lavastücke, welche unsre Schuhe zerschnitten, und unsern Füßen nicht wenig lästig wurden.

Von da an bestand derselbe die ganze übrige Entfernung von fast 30 englischen Meilen gleichsam aus einem einzigen Bette von schwarzer Lava, an vielen Stellen so glatt, daß man in Gefahr war zu fallen, und führte, noch die Bildung des geschmolzenen Stromes zeigend, mitten durch eine offene, unbebaute Landschaft, die von einer Breite von drei bis fünf Meilen, zu beiden Seiten von einem dichten Wald eingeschlossen und mit Gras, Farnkräutern und niederem Gebüsch bewachsen war. Häuser befanden sich in der Nähe des Weges nicht, doch das Dach einer Hütte, oder der aufsteigende Rauch, der sich zuweilen zeigte, bewies, daß die Gegend nicht unbewohnt war. Gegen Westen waren in der Ferne die Berge Mouna Kea und Mouna Roa sichtbar, und im Osten, das Meer, in welches am äußersten Horizonte der Himmel tauchte.

Die Nacht überraschte uns, ehe wir die für uns bestimmte Hütte erreichen konnten, und wir brachten dieselbe daher in den verfallenen Trümmern von zwei Häusern zu, die wir in einer kleinen Entfernung vom Wege bemerkt hatten. Die Eingebornen bedeckten dieselben schnell mit Blättern und breiteten frisches Farnkraut auf dem Boden aus, bevor sie unsre Matten darauf legten.

Unser Lager bot das lebendigste und malerischte Schauspiel dar. Die Eingebornen waren mit großer Emsigkeit beschäftigt, die nöthigen Vorbereitungen für die Nacht zu treffen, und hatten sich bald, größtentheils in einiger Entfernung hinter den Hütten, unter Büschen und unter dem freien Himmel gelagert. Wir selbst, beim Schein einer großen, von der Mitte unsres rohen Obdaches herabhängenden Lampe, um Lord Byron herum sitzend, der „die Schaale austheilte, welche erfreut ohne zu berauschen,“ während die Matrosen unser Abendessen bereiteten und die Neugierigen unter unsern dunkelfarbigen Begleitern beiderlei Geschlechts sich um uns herdrängten. Ein großes Feuer von Reißholz stellte die Gegenstände des Vordergrundes in noch schärferem Licht und Schatten dar.

Am nächsten Morgen bei Tages Anbruch waren wir wieder auf dem Wege, und gegen 11 Uhr befanden wir uns nur noch 3 Meilen von unserm Ziele entfernt. Der Weg war zuweilen mit kleinen Wäldern und Baumgruppen umgeben, und je weiter wir vorschritten, desto größer wurde die Mannigfaltigkeit der Vegetation. Immer deutlicher sahen wir den Rauch des Vulkans aufsteigen, der sich in leichten, krausen Wolken gegen Südwesten zog.

Je näher wir kamen, desto dichter wurde die Rauchsäule, und desto schneller trieb uns die Spannung unserer Neugierde, ohne Rücksicht auf die Hitze der Mittagssonne, noch auf die Ermüdung durch einen bereits zurückgelegten Weg von sechsunddreißig Meilen. Wenige Minuten vor 12 Uhr standen wir plötzlich an dem Rand eines steilen Abhanges von 150 bis 200 Fuß, der mit Gesträuch und Blumen bewachsen war. Diesen stiegen wir auf dem fast-senkrechten Pfade hinab, gingen dann über eine Fläche von etwa einer halben Meile Ausdehnung, welche nach allen Seiten, – die ausgenommen,


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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_091.jpg&oldid=- (Version vom 28.4.2023)