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Das Ausland. 1,2.1828

die Tiefe dieses furchtbaren Ortes erreichten. Als ich an den riesenhaften Wänden, die auf jeder Seite sich bis in den Himmel erhoben, und zu unsrer Hütte hinauf sah, die sich gegenüber in einer Höhe von 1500 Fuß über uns zeigte, fühlte ich mich einen Augenblick auf eine sehr unangenehme Art beklemmt und beängstigt, ob durch die Wirkung der Einbildungskraft oder der heißen und schlichten Atmosphäre des Vulkans, konnte ich mir nicht zum Bewußtseyn bringen. Doch ging diese Bewegung bald vorüber. Der allgemeine Eindruck, den der Boden des Kraters macht, läßt sich mit nichts besser vergleichen, als dem eines Sees, dessen Eis von einem heftigen Sturm aufgerissen, und plötzlich wieder zugefroren ist, während große Schollen sich noch gegen einander stoßen und brechen und übereinander thürmen. Gerade so rauh und verwirrt, war die schwarze Masse unter unsern Füßen, nur hundertmal schrecklicher, da aus den zahllosen Spalten und Kluften beständig heißer Rauch und Schwefeldampf aufstieg.

Wir waren nicht weit gekommen, als unser Weg durch eine wenigstens dreißig Fuß breite Schlucht abgeschnitten wurde. Die einzige Wahl, die uns blieb, war umzukehren, oder ihren Lauf zu verfolgen, bis sie sich endigte, oder schmal genug würde, um überschritten werden zu können. Wir wählten das letztere, doch stießen wir bald von Neuem auf ein ebenso furchtbares Hinderniß, nemlich einen Strom von Rauch, der das Athemholen nicht gestattete. Während wir überlegten was zu thun sey, bemerkten wir, daß der Rauch zuweilen von der Luft nach einer entgegengesetzten Seite geweht wurde. Wir erwarteten deßhalb den Augenblick, wo wir unsern Weg auf diese Art frei sahen, hielten unsern Athem an uns, und eilten so schnell, als es der gefährliche Boden erlaubte, bis wir aus dem Bereiche der Dampfströmung waren. Hier fanden wir uns unerwartet auch von dem ersten Hindernisse unsres Fortschreitens befreit, denn die Kluft nahm plötzlich eine andere Richtung.

(Schluß folgt.)

Das Kloster der Armenier in Venedig.


(Schluß.)

Unterstützt von reichen Armeniern erbaute Mechitar einen neuen geräumigen Convent, legte den Grund zu einer Bibliothek, die allmählich mit den seltensten orientalischen, vorzüglich armenischen Handschriften bereichert wurde, und errichtete eine armenische Druckerei, mit Lettern von Amsterdam, welche eine große Anzahl von Werken größtentheils geistlichen Inhalts in armenischer und türkischer Sprache verbreitete. Er starb am 27sten April 1749, ein vierundsiebenzigjähriger Greis, von allen verehrt, die ihn kannten. Auf seinem Grabmal, im Sanctuarium der Kirche, liest man folgende Inschrift in armenischen Versen:

Ruhmvoller Mechitar! du süße Lyra,
Gestimmt durch den Fleisch gewordnen Geist,
Die erheiterte das Land von Sebaste,
Das vom Himmel geliebte Land.
Majestätisch war seine Gestalt, sein Geist erhaben:
Forscher der verborgenen Wahrheit,
Leuchte der Gnaden, zu erhellen die blinden
Gemüther der Sterblichen. Durch sich selbst erwarb er
Die seltene Wissenschaft, die köstlich ist dem Weisen.
–– –– –– Er eröffnete den Weg,
Wo Blumen erndten und lieblichen Duft
Die edlen Geister, in guten Werken nicht säumig, –
Und wo die Sonne aufgeht, bis wo die Sonne sinkt,
Pflanzte er in fruchtbaren Boden den erlesenen
Himmlischen Weinstock. –– ––
Darum von armenischem Land erhoben dankbare Herzen
So glänzendem Edelstein diesen Hymnus.

Während seines langen Lebens hatte Mechitar unter seinen Schülern fünfzig Priester und zehn Laienbrüder gezählt, nebst vierzig andern Individuen, die das Kloster wieder verließen. Nach seinem Tode gewann die Congregation, die nach ihm den Namen Mechitaristen annahm, nicht weniger an äußeren Mitteln, als an Einfluß auf die Bildung der Nation. Und als im Jahr 1810 alle Klöster im Königreich Italien aufgehoben wurden, blieb von diesem allgemeinen Loos – durch ein besonderes Decret Napoleons, – als ein selbstständiges gelehrtes Institut, das der Mechitaristen von San Lazzaro verschont. Nach den Gesetzen Mechitar’s finden nur junge Armenier in dem Convent Aufnahme, aber ohne Unterschied des Standes oder Vermögens. Nur nach langen Prüfungen können sie zu der Congregation selbst zugelassen werden, wenn die Stimmenmehrheit einer Versammlung der Mitglieder sie dessen würdig hält. Diese beschäftigen sich theils im Kloster mit Unterricht der demselben zugesandten Jünglinge, oder mit Verfolgung ihrer wissenschaftlichen Studien, deren Resultate sie ihren Landsleuten durch den Druck bekannt machen; theils sind sie auf Missionen im Orient und in den armenischen Kolonien von Ungarn und Siebenbürgen zerstreut. Des ausgebreiteten Einflusses wegen, den sie dadurch besitzen, wurde im Jahr 1804 ihr Abt Kiuver in Rom zum Erzbischof geweiht; und in den letzten Jahren hat die Congregation ein eigenes Hospitium in Rom erhalten.

Von den wissenschaftlichen Arbeiten der Mechitaristen hat die Ausgabe einer alten armenischen Uebersetzung der verlorenen Theile von dem Chronicon des Eusebius in ganz Europa Aufsehen gemacht; ob die zahlreiche Bibliothek, die reich an den ältesten armenischen Handschriften ist, nicht noch manche andere ähnliche Schätze enthält, ist, so viel wir wissen, bisher noch keineswegs erschöpfend untersucht worden. Die wichtigsten unter den auf San Lazzaro gedruckten Werken, die größtentheils in Constantinopel ihren Absatz gefunden haben, sind – außer der armenischen Bibel – eine armenische Geschichte bis ins 18te Jahrhundert, die armenische Geschichte des Lazarus Farpensis

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_105.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)