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Das Ausland. 1,2.1828

Gefühl empört, dessen Fortbestehen aber im Interesse so vieler zu seyn scheint, daß man nicht wagt, deren vermeintliche Rechte zu kränken. Ihr Recht aber stützt sich blos auf ihr Interesse; zeigt man ihnen, daß dieses nicht leide oder daß es gar dabei gewinne, so lassen sie jenes von selbst fallen. Man muß daher ganz in die Ideen der Pflanzer eingehen, und ihnen nicht von Menschlichkeit und natürlichem Rechte, sondern vom Vortheile sprechen. Wir reden aus demselben Grunde hier zuvörderst von Sklaven nur wie von jedem andern Eigenthume.

In der Sklaverei wird der Mensch als Eigenthum angesehen, und dies setzt nothwendig voraus, daß mit seinem Besitz ein gewisser Werth verknüpft sey. Wie bei allem übrigen Eigenthume aber ändert sich sein Werth nach den Umständen; sind also solche Menschen selten, so steigen sie im Preise, sind sie im Ueberfluß, so sinkt ihr Preis. Waaren können nun aber im Vergleich mit der Nachfrage darnach, in solchem Ueberflusse vorhanden seyn, daß sie gar keinen austauschbaren Werth mehr behalten. Dies ist jetzt selbst mit den Menschen der Fall in Irland, wo sie, wegen ihrer übergroßen Menge nicht blos ihren Werth verloren haben, sondern auch dem Staate so lästig geworden sind, daß man darauf spekulirt, sie wegzuschicken, wenn es auch Millionen kosten sollte. Da nun, wo die Menschen keinen verkaufbaren Werth haben, ist es klar, daß keine Sklaverei mit Nutzen bestehen kann; aber da, wo die Menschen selten, und gutes Land im Ueberfluß und wohlfeil ist, oder die Produkte theuer sind, da kann ein Mensch durch seine Arbeit viel mehr verdienen, als er zu seinem Lebensunterhalte braucht. Unter diesen letzten Umständen nun werden die Leute, wenn sie ihre eigenen Herren sind, entweder ihr eigenes Land bauen, oder hohen Lohn für ihre Arbeit fordern. Nun liegt es in der menschlichen Natur, daß wenn die Einzelnen sich in einer angenehmen oder auch nur erträglichen Lage befinden, ihre Zahl sich vermehrt, mithin ihr Werth abnimmt, bis sie gar keinen Werth mehr haben, und dies ist das natürliche und sichere Absterben der Sklaverei, die allen Partheien vortheilhaft seyn muß. Wenn es daher wünschenswerth ist, daß sie so auf natürlichem Wege aussterbe, so kann man dagegen durchaus keinen Einwand vom iure quaesito hernehmen, denn man kann doch sicher nicht behaupten, daß, weil eine gewisse Art von Eigenthum einmal erlaubt sey, der Staat auch verbunden wäre dafür zu sorgen, daß in diesem Artikel für alle Zukunft gute Handels-Geschäfte gemacht werden.

(Schluß folgt.)


Ueber die Verbrecherkolonien der Engländer in Australien, und über die Errichtung französischer Verbrecherkolonien.


(Fortsetzung.)

Ein Umstand, welcher die rasche Zunahme der Bevölkerung hinderte, war das Mißverhältniß der weiblichen zur männlichen Bevölkerung, weil die Regierung nicht gerne weibliche Verbrecher mit bedeutenden Unkosten nach einer so entfernten Kolonie schickte. Unter 17000 während der Jahre 1788–1815 Deportirten, waren blos 3500 Weiber, und während auf Neusüdwallis 1810–1821 die männlichen Verbrecher in eilf Jahren von 2734 auf 12,608 anwuchsen, verminderte sich die Zahl der weiblichen von 1266 auf 1206. Bei der freien Bevölkerung ist jedoch das Verhältniß weniger ungleich: 1821 kamen auf 5323 Männer 3422 Weiber, während 1810 das Verhältniß 1255 zu 734 war. von den oben angeführten 17000 Deportirten starben in jenem Zeitraum von 27 Jahren 5500; dieser Verlust wurde aber durch 9000 Kinder die sie erzeugten, reichlich ersetzt. Gegenwärtig beläuft sich die gesammte Bevölkerung in Neusüdwallis mit Einschluß von Vandiemensland auf 60,000 Seelen; in Neusüdwallis allein wohnten im Jahr 1801 8,293, im Jahr 1821 29,783, und jetzt 40,000 Menschen, worunter die freiwilligen Einwanderer mitbegriffen sind. Sechs Ortschaften auf Neusüdwallis führen den Namen Städte, vier auf Vandiemensland, welches seit 1803 colonisirt ist, und unter einem eigenen Gouverneur steht[1] Sydney kann man eine ziemlich regelmäßige Stadt heißen; sie hat 1100 Häuser, und in Zukunft darf nur unter Aufsicht, und nach dem Plan eines öffentlichen Baumeisters gebaut werden. Seit 1817 ist hier eine öffentliche Bank. Die vornehmsten Einwohner der Kolonie vereinigten sich in eine Aktiengesellschaft, und erhielten das Patent auf sieben Jahre; 12,600 Pf. war das Kapital; Banknoten wurden ausgegeben zu 2½ Schilling, 5 Schill., 10 Schill., 1 Pfd. und 5 Pfd. Am letzten Januar 1821 waren 5902 Pfd. im Umlauf, die Dividenden der Gesellschaft betrugen vom 1sten April 1817 bis Dec. 1818, auf das Jahr berechnet, 12 pCt.; 1819 21 pCt.; 1821 12 pCt. Diese Banknoten und spanische Piaster sind die Mittel des Verkehrs auf Neusüdwallis. Auch Vandiemensland erhielt 1823 eine Bank.[2]

Die Literatur ist noch nicht bedeutend. Australasian Magazine, or compendium of religious, literary and miscellaneous intelligence in Sydney erscheint seit einigen Jahren als Monatschrift unter der Leitung der Methodistischen Missionäre. In einer Kolonie, deren Grundstock aus verdorbenen und desperaten Verbannten besteht, können die frommen Bemühungen dieser Enthusiasten manches Gute stiften, wiewohl zu erwarten ist, daß weder die Literatur noch die Religion der Bewohner von Neusüdwallis sich ihren Ton und Charakter nach diesen Missionären bilden werde. Der Gouverneur Sir Thomas Brisbane hatte eine philosophical society of Australasia vor einigen Jahren gestiftet. Die Bekanntmachungen dieser Gesellschaft gaben die erfreulichsten Beweise ihres großen Nutzens und ihrer Thätigkeit für die Verbreitung nützlicher Kenntnisse, besonders solcher, die das Land selbst, seine

  1. 1821 bestand die Bevölkerung von Vandiemensland aus 7185 Individuen; darunter waren 3246 freie Kolonisten, und 3939 Verbrecher.
  2. 1825 wurde Neuseeland von einer brittischen Handelsgesellschaft wegen des Flachsbaus (phormium tenax) colonisirt.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_164.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)