Seite:Das Ausland (1828) 222.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

schlecht fortkommt, pflanzt man zum Schatten und Schutz des Caffeebaumes den Pisang, Palma-Christi und Turia.[1] Der Caffeepflanzer berechnet den Ertrag eines jeden Baumes auf zwei und ein halbes Pfund das Jahr; doch dürfte er, nach dem, was ich auf Java gesehen habe, zu schließen, sich um mehr als die Hälfte in seiner Erwartung betrogen finden.

Auf Zucker scheint man weniger zu speculiren, und es ist daher hier nur eine einzige Zuckermühle, diese aber nach dem besten Plan ganz auf westindische Weise eingerichtet. Das Zuckerrohr wächst nicht so hoch, als ich es auf Java gefunden habe, ist aber dicker und saftvoller. Es steht sechzehn, zuweilen achtzehn Monate auf dem Felde, ehe es geschnitten wird. Der Zucker, der hier bereitet wird, übertrifft an Farbe und Qualität den besten Jamaica-Zucker; jeder Pikol kommt den Eigenthümer der Mühle auf zwei bis drei spanische Piaster zu stehen.

Die Cultur des Pfeffers ist bei weitem nicht mehr das, was sie in früheren Jahren gewesen war. So lange die gezwungenen Lieferungen bestanden, welche durch den Gouverneur Raffles abgeschafft worden sind, brachte die Colonie Bencoolen – von Moco-moco im N. bis Crooi im S. von dem Fort Marlborough gerechnet – jährlich über 200 Tonnen auf, welche den Eingebornen mit drei spanischen Piastern das Pikol bezahlt wurden. Gegenwärtig contrahirt die Compagnie für sieben bis acht Piaster das Pikol, und kann dennoch nicht mehr als 40 Tonnen erhalten.

(Schluß folgt.)


Die transatlantischen Staaten und Colonien am Schlusse des Jahres 1827.


(Fortsetzung.)
7.

Einen noch traurigern Gegensatz zu den Vereinigten Staaten und zu Mexico bilden die südamerikanischen Staaten und, vor Allen, Colombia. Ein 1827 zu London erschienenes, höchst unparteiisch geschriebenes Werk: „The present State of Colombia, by an Officer, late in the Colombian Service“ giebt über diese neue Republik weit genügendere Aufschlüsse, wie alle früher bekanntgewordenen Schriften. Durch die jetzt angefochtene Constitution vom 12. Juli 1821 ward das vormalige spanische Vicekönigreich Neugranada mit den Generalcapitanias: Caracas und Quito, unter dem Namen: Colombia in eine Centralrepublik vereinigt. Diese besteht jetzt aus zwölf Departementos: Orenoco, Hauptstadt Varinas, Maturin, Hauptstadt Cumana, Venezuela, Hauptstadt Caracas, Zulia, Hauptstadt Maracaybo, Boyaca, Hauptstadt Tunja, Cundinamarca, Hauptstadt Bogota, Magdalena, Hauptstadt Cartagena, Cauca, Hauptstadt Popayan, Istmo, Hauptstadt Panama, Ecuador, Hauptstadt Quito, Assuay, Hauptstadt Cuenca, Guayaquil, Hauptstadt Guayaquil, mit 882000 geogr. Q.M. (nach Rieux: 85058 Q.M.) 3 Millionen Einwohner. Bolivar war es, der die Einrichtung einer Centralrepublik durchsetzte, obgleich viele Stimmen sich für eine Föderalverfassung erhoben. Seitdem herrscht fast in allen Departementos eine wahre Militärdespotie. Die von der Centralregierung ernannten Governadores, fast alle Generale, regieren nach Willkühr, kränken ohne Scheu die Rechtspflege, welche hier nicht öffentlich ist, und raffen die Staatseinkünfte an sich. Daß solches Unwesen auf die Finanzen wirken muß, versteht sich von selbst, und diese sind daher in der äußersten Zerrüttung. Dabei sind die einzelnen Punkte, wo sich die Bevölkerung zusammengedrängt hat, durch Wildnisse, Riesenströme und die fürchterlichsten Gebirge von einander getrennt; ihr Interesse ist auf das wesentlichste verschieden, ebenso der Charakter der Bewohner, welche allenthalben von der verschiedensten Abstammung und höchst heterogener Bildung sind. Der mit größter Wuth 14 Jahre hindurch geführte Revolutionskrieg hat, nebst der gewaltsamen Befreiung der Negersclaven, die frühere Wohlhabenheit in ihrem Kern vernichtet, und alle Keime der Kultur zerstört. Alle angesehenen Familien sind, bis auf wenige Ausnahmen, verarmt, vertrieben, ermordet. Ein roher, zum Theil farbiger, Stamm und fremde Kaufleute haben sich auf den Trümmern angesiedelt. Die Zahl der Männer, welche Talente und Erfahrung in Staatsgeschäften haben, ist sehr klein. Bolivar, nach der Bezwingung des letzten spanischen Heers in der Schlacht bei Ayacucho (am 8. December 1821) bis zu Anfange des Jahres 1827 in Peru und Bolivia mit der Organisation der befreiten Lande beschäftigt, glaubte dem immer tiefer einreißenden Verderben durch die Einführung des Constitutions-Entwurfes abzuhelfen, welchen er für die operperuanischen Provinzen, die ihm zu Ehren den Namen Bolivia angenommen, bestimmt hatte; dieser bestätigt einen Präsidenten (Staatsoberhaupt) auf Lebenszeit. Indessen erklärte sich General Paez, von der Gerechtigkeitspflege des Congresses beleidigt, am 31. Mai 1826 zu Valencia, gegen die bestehende Staatsverfassung. Ein Bürgerkrieg drohte auszubrechen; allein im Anfange der Jahre 1827 eilte Bolivar aus Lima hebei, und wußte den General Paez, dessen Commandobezirk Venezuela an der Nordküste bedeutend vergrößert ward, zu begütigen. Darauf ging er über Cartagena, in dessen Gegend ein Truppencorps aufgestellt wurde, nach Bogota, wo er am 10. September eintraf und feierlich empfangen ward. Unter dem 3. August 1827 hatte bereits der Congreß beschlossen, daß am 2. März 1828 eine constituirende Nationalversammlung in Ocana, einer Stadt auf halbem Wege zwischen Cartagena und Bogota, sich vereinigen sollte. Dieser Versammlung, deren Berufung zu erwarten steht, wird demnächst die Entscheidung über das künftige Schicksal von Columbia in die Hände gelegt werden. Ein großer Theil der Nation, und besonders die in den Seeplätzen angesiedelten brittischen Kaufleute, meinen, Bolivar sey der Mann, die allgemeine Zerrüttung zu beschwören. Die Republikaner trauern. Die reichen, durch Bildung ausgezeichneten, südlichen Departamentos, Theile der vormaligen Generalcapitania Quito am stillen Meere, sind im vollen Aufstande, indem sie für sich zu bestehen, oder sich mit Peru zu vereinigen wünschen. Auch am Orenoco, zu Angostura herrscht Unzufriedenheit gegen die Militärdespotie. Alle unparteiischen Reisenden, die Columbia neuerdings besuchten, sind der Meinung, daß die Einwohner für jetzt schlimmer daran sind (?) wie zur Zeit der spanischen Herrschaft. Der Handel ist durch die gänzliche Vernichtung des Credits, durch den äußersten Geldmangel und durch die im Jahre 1827 eingeführten drückenden Zollverordnungen im tiefsten Verfall. Nirgendhin fallen Speculationen unglücklicher aus, als nach Colombia’s Nordküste. Die wenigen Ausfuhrprodukte, z. B. der kostbare Varinas, sind Monopole der Engländer. Die Unternehmungen nach der Westküste am stillen Meere, nach Tacames, Guayaquil und dem Freihafen Buenaventura, gewährten hingegen denen, welche mit der Localität vertraut sind, bisher höchst ersprießliche Resultate.

(Fortsetzung folgt.)
  1. Ein Baum, der sehr schnell aufwächst.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_222.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)