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Das Ausland. 1,2.1828

nennt man es das Reine; nach der Weltordnung die es gebildet hat, nennt man es Vernunft, Natur, nach der Kraft die es dem Menschen mitgetheilt, und die diesem innwohnt; Geist nach der absoluten, und über Raum und Zeit erhabenen Form seiner Aeußerung. Es ist Eins, und existirt durch sich selbst. Nach der Zahl nennt man es die Einheit; nach der Substanz das Nichts; nach seiner Wirkung auf alle Wesen die Vernunft; nach seinem unkörperlichen Wesen den Geist; nach seiner schöpferischen Kraft; die Reinheit oder um die Vereinigung dieser fünf Eigenschaften auszudrücken, nennt man es das Absolute (die Vernunft, die absolute Vernunft, Tao); dieses ist die Basis des Himmels, es ist unhörbar, unsichtbar, unaussprechlich; was man hört, sieht und ausspricht ist verschieden davon, zu ihm führt kein Weg, und keine Pforte zu seiner Anschauung. Sein Wesen kann nicht dargestellt, seine Form nicht aufgefaßt werden. Der Gedanke erreicht es nicht, die Worte durchdringen es nicht. Die Bildung des Seyenden hat ihm nichts entzogen, und würde es das All wieder in sich aufnehmen, so würde es dadurch um nichts vergrößert werden. Alles ist doppelt, und hat seines Gleichen unter den Wesen im Himmel und auf der Erde; nur das Absolute nicht. Ein Töpfer kann tausend Gefäße bilden, aber nie kann ein Gefäß den Töpfer schaffen oder vernichten; so reicht das Absolute hin, alle Wesen zu bilden, aber kein Wesen kann das Absolute bilden oder beschädigen. Das Absolute, sagt der Verfasser eines berühmten Wörterbuchs, ruhte anfangs in der Einheit; aus dieser Einheit die kein Gleiches hatte, sind alle Wesen hervorgegangen, sie ist der Herr. Der Geist der das All belebt, das Princip aller Dinge, das Absolute Eine. Die Einheit ist das Wesen des Absoluten, sie ist die wahre göttliche Qualität, die Quelle der Formen und Kräfte, der Anfang der Zahlen. Das Absolute läßt weder Mischung zu, noch Zwischenraum zwischen Anfang und Ende; weder Theilung in seinem Wesen, noch Unterbrechung in seiner Aeußerung; es umfaßt alles ohne Ausnahme. Es ist mit andern Worten der große Gipfel, aber diese Benennung ist unzulänglich und unvollkommen für ein Wesen das keinen Namen haben kann, über dem nichts ist; welches das Princip des All ist, selbst anfangslos; welches das große Ende des All bewirken wird, selbst endlos, welches alle Kraft des All regelt und beschränkt, selbst unfehlbar, unwandelbar; welches das Princip des Lebens ist, das alle Wesen geschaffen hat, selbst immer und wahrhaft lebend und doch unbeweglich, im Gegensatz der Dinge, die ewig ändern. Wie könnte man ein solches Wesen darstellen? Man bezeichnet es durch die Form eines Cirkels; aber man muß nicht glauben, daß ein Cirkel das Absolute sey. Welche erstaunliche Entfernung, sagt Thee-ße, verbirgt uns das immer schaffende Wesen, das den Himmel zum Himmel gemacht hat. Durch diese schönen Worte, sagt ein anderer Schriftsteller, bezeichnet Thee-ße, das Absolute; es giebt im All der Dinge keinen Namen der ihm zukäme, ihm einen zu geben muß man sagen, daß es anfangslos und endlos ist, nicht äußerlich noch innerlich, nicht in die Sinne fallend, noch zu fein, nicht rund noch viereckig, selbst formlos ist es die Form aller Wesen, selbst bildlos ist es das Bild des All. Andere Namen des großen Eins sind das Absolut-Gute, der Herr des Himmels, der höchste himmlische Geist, der Urgeist, in dem Alles ist, und aus dem Alles kommt.

(Fortsetzung folgt.)


Das englische Unterhaus[1].


Man hört gern vom englischen Parlament reden; man ist neugierig, seine Formen, seine Gebräuche und seine Redner zu kennen. Es ist interessant, diese an Erinnerungen und Ueberlieferungen so reiche Versammlung, die seit Jahrhunderten in demselben Saal, wo die Großväter ihrer Großväter saßen, ererbte Fragen untersuchte, mit den Kammern zu vergleichen, welche in Frankreich seit gestern sich bildeten – ohne Geschichte, ohne Vergangenheit, nur von der Zukunft erfüllt, – welche aus Mangel an Erfahrung bald furchtsam, bald kühn sind, im Ganzen weniger Einsicht und Kenntnisse aufweisen, aber im Einzelnen vielleicht erhabenere Geister und selbstständigere Talente besitzen. Aus Zeitschriften, politischen Werken und trockenen Beschreibungen konnte man bisher sich wohl einen allgemeinen Begriff von der brittischen Kammer der Gemeinden bilden; das Innere dieser Versammlungen aber, ihre Gestalt, ihr Familien- und Privatleben sind noch wenig bekannt. Auf zweierlei Art können solche Gegenstände geschildert werden, entweder historisch oder durch eine Reihe von Anekdoten. Was hier von dem englischen Unterhaus angeführt wird, gehört der zweiten Art an; es ist eine Sammlung unverbundener Beschreibungen, die vor zwei Jahren in England erschienen, und soviel wir wissen, noch nicht übersetzt wurden – weder in’s französische, noch in’s deutsche. Ob des Verfassers Art zu sehen die richtige ist, können wir nicht verbürgen, auch möchten wir seinen Geschmack nicht jederzeit vertheidigen. Da er sich aber zu keiner politischen Parteimeinung bekennt, so flößt er uns Vertrauen ein, wobei wir denn seine satirischen Einfälle für das, was sie seyn mögen, gelten lassen. Man kennt den Geschmack der Engländer, die gern eine ironische Beschreibung unter dem Schein einer ernsthaften Gutmüthigkeit verbergen. Allerdings findet man in solchen Schilderungen nicht selten auch das Gesuchte, das Dunkle, das Wunderliche. Selbst Swift ist nicht frei von erkünstelter Laune. Ihr Scherz aber hat etwas Rationelles, das nur schüchtern von der Kritik angegriffen werden darf. – Soviel zur Erklärung der nachfolgenden, übrigens möglichst treuen Uebersetzung.

Man wird es dieser Beschreibung sogleich ansehen, daß sie einer Zeit angehört, wo Herr Canning, noch nicht zur Allmacht im Ministerium gelangt, scheinbar noch uneinig mit der Opposition der Whigs, diese schonend bekämpfte, und den Grund zu einer Macht legte, deren Dauer für seinen Ruhm und für das Beste des Landes leider nur kurz war. Es war dieß die Zeit, wo, verbunden mit Herrn Peel, damaligem

  1. M. vergl. Attic Fragments. London 1825.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_235.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)