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Das Ausland. 1,2.1828


sich auszeichneten. Zu diesen gehören Drolling, Langlois, Abel de Pujol, Couder und Picot. Ihren Gemälden, die durch schöne Ausführung, korrecte Zeichnung und historische Treue empfohlen werden, fehlt die Originalität. Bald kam - mit ihnen oder in ihrem Gefolge - jene Menge frostiger Copisten, die das ausbildeten, was man einen Styl nennt. In allen ihren Gemälden findet man übereinstimmend eine steife und gedehnte Zeichnung, widersinnige Nacktheiten und Draperieen nach dem Muster der Orgelpfeifen; außerdem weder historische Wahrheit, noch individueller Character. Die alte Fabel, das Mittelalter, moderne Gegenstände - Alles ist nach demselben Leisten zugeschnitten. Indem sie den vollkommenen Gegensatz zu den Produktionen bildeten, die man Gemälde aus der Schule von Boucher und Vanloo zu nennen pflegte, machten sie eine Reaction eben so unvermeidlich als sie es vor vierzig Jahren aus den entgegengesetzten Motiven gewesen war.

In der Gemäldeausstellung von 1812 zeigten sich die ersten Symptome dieser Reaction. Ein Gemälde von Paulin Guerin zog die Aufmerksamkeit auf sich durch eine wahre Composition, schöne nach der Natur copirte Formen, ein glänzendes Colorit und malerischen Effect. Auch das erste Auftreten Gericault’s fällt in dasselbe Jahr; es stellte einen Chasseur zu Pferde dar, eine Skizze die bereits alle Eigenschaften seines Genies im Keime enthielt. Bei der Ausstellung von 1816 waren die Säle des Louvre mit Gelegenheitsgemälden angefüllt, die größtentheils ursprünglich für die Regierung des Kaisers berechnet, nur retouchirt und den veränderten Umständen angepaßt waren, was die bizarresten Ungereimtheiten in Figuren, Stellungen und Costümen hervorbrachte. Man stellte außerdem eine Reihe von Gemälden aus, welche die Schule seit ihrer Gründung ausgezeichnet hatten. Das Publikum, bereits durch die schlechten Nachahmungen, die es davon gesehen, ermüdet, blieb kalt und bewies so, daß die classischen Erinnerungen viel von ihrem Interesse verloren hatten.

Und gewiß, Erinnerungen ganz anderer Art beschäftigten damals die Gemüther; eine ganze gleichzeitige Epoche, voll der wunderbarsten Ereignisse, war durch eine große Katastrophe dem Gebiete der Geschichte anheim gefallen; die Ereignisse dieser Epoche waren es, deren Darstellung man jetzt von den Künsten forderte. Dieß war der Quell, in dem Horace Vernet seine Begeisterung schöpfte, hier fand er die Elemente seines so fruchtbaren und mannigfaltigen Talents. Die Gegenstände seiner Gemälde waren alle in unserer Nähe; die Localfarbe mußte ihr unterscheidender Character werden. Ein Schüler Vincent’s, hatte sich Horace Vernet mehr als irgend ein anderer Maler seiner Zeit frei erhalten von dem Einfluß und der Herrschaft, welche die classische Schule übte. Er war mit jener Leichtigkeit der Ausführung begabt, die alles, was sich dem Geiste darstellt, ohne Mühe wiedergibt; er hatte ausserdem den großen Vortheil selbst die Wirkungen eines Schlachtfeldes an Ort und Stelle gefühlt zu haben, alles vereinigte sich daher, um das Talent zu unterstützten, welches vor allen andern geeignet war, die großen Erinnerungen des französischen Nationalruhms wieder zu erwecken. Man sah den bedeutenden Unterschied des Interesses, das ein lebendiges und treues Bild des kriegerischen Lebens haben müsse, von dem jener Studienschlachten, die zur Zeit des Kaiserthums gemalt wurden und in denen griechische Statuen, mit französischen Uniformen bekleidet, französische Armeen darstellen. Man kann sagen, daß Horace Vernet in seiner Kunst das ist, was Berenger in der Poesie: der Maler des Nationalschmerzes und eines dahingesunkenen Ruhmes. Vielleicht würde unter der Regierung des Kaisers sein schönes Talent ihn nicht weiter geführt haben‚ als ein Maler der Macht zu werden: der Fall des Kaiserthums machte ihn zu dem populärsten Maler, der je existirt hat.

(Fortsetzung folgt.)


Grundzüge der Geschichte der Philosophie bei den Chinesen.


(Fortsetzung.)


Die Schule von Confutse hat die buddhistischen Lehren in unzähligen Widerlegungen, und auf eine höchst bemerkenswerthe Art angegriffen, indem sie immer mit gröster Energie die Lehre vom Nichts und der Unthätigkeit bestreiten, während sie kaum mit einigen Worten den Unsinn der Cosmogonie und der Mythologie berühren; ein Beweis, daß diese weder von den Anhängern noch von den Gegnern der Lehre im Ernste genommen werden, und daß man sich wohl bewußt ist, daß es sich um ein philosophisches System handle, dessen moralische Folgen allein verdienen die Aufmerksamkeit der Gebildeten auf sich zu ziehen.

Manche chinesische Schriftsteller haben auf den äußern Unterschied dieser verschiedenen Lehren nur wenig, und auf die Verschiedenheit der mythologischen Sagen gar keinen Werth gelegt, und die absolute Vernunft der Schule von Lao-tsé, die Weltordnung von Confutse, und das absolute Nichts der Buddhisten für gleichbedeutende Ausdrücke Einer und derselben Idee gehalten. Es giebt sogar ein sehr bekanntes Sprüchwort, daß die drei Lehren nur Eine seyen, so daß die äußern Formen, welche sie unterscheiden, und denen man im allgemeinen sehr wenig Werth beilegt, nur willkürliche Verschiedenheiten im Ausdruck wären, wie sie der Verlauf der Zeit und weitere Ausbreitung hervorzubringen pflegen. Die Kaiser aus der gegenwärtig regierenden tartarischen Familie gehören unter diese Eklektiker, welche die drei Arten von Cult verbinden, ohne Zweifel weil sie die Einheit der Principien und der Dogmen annehmen. Man könnte allerdings sagen, daß alle drei Lehren in ihrer ursprünglichen Reinheit eine von der Materie verschiedene ewige Urkraft annehmen, nur mit dem Unterschied daß die Tao-ße seine Intelligenz, Confutse die Reinheit seines Wesens, als Basis der Weltordnung und des Guten, endlich die Buddhisten seine absolute Vollkommenheit im Gegensatz gegen die Materie, welche nur als eine vergängliche Erscheinung des wahren Seyns erscheint, vor allem herausgehoben haben. Uebrigens ist es leicht Ideen zu verbinden, welche unter einander eine nothwendige Analogie haben, und die beinahe nothwendig zusammenfließen, sobald man sich auf eine gewisse Höhe der Abstraction erhebt, weil es unmöglich wird, sie zu unterscheiden. Abgesehen jedoch von der Schule von Confutse, welche von Anfang an auf die Lehre von den göttlichen Dingen verzichtet hat, um sich auf angewandte Moral


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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_255.jpg&oldid=- (Version vom 16.2.2023)