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Das Ausland. 1,2.1828

wird er es müde, sich mit Ungewißheiten zu plagen, nimmt seine lange Pfeife, und bläst die Sorgen in den Wind. Man läuft in den nächsten Hafen ein, man erblickt eine Stadt – es ist Angra, und diese Inseln sind die Azoren!

(Schluß folgt.)

Die Gemäldeausstellung im Louvre zu Paris im Jahre 1827.


(Fortsetzung.)

Im Jahr 1819 in der zweiten Ausstellung seit der Restauration zeigte sich das Talent Gericault’s in seinem ganzen Glanze. Eine großartige Composition ohne die geringste Uebertreibung, eine eben so große und ganz aus der Natur geschöpfte Zeichnung, eine unübertreffliche Energie der Ausführung und endlich ein Colorit, welches, obwohl dunkel und eintönig, doch in vollkommener Harmonie mit dem Gegenstande ist, – diese Eigenschaften stellen seine „Medusa“ den schönsten Produktionen der modernen Malerei an die Seite. Gericault ist das Haupt jener neuen Schule, welche sich die treue Darstellung kräftiger und ergreifender Leidenschaften zum Zweck gesetzt hat, und die man mit Recht oder Unrecht die romantische Schule nennt. Wenn ein vorzeitiger Tod ihn nicht in einem Alter von zwei und dreißig Jahren der Welt entrissen hätte, so wäre diese Schule, die jetzt noch gegen alte Namen, alte Gewohnheiten und die academische Routine kämpfen muß, ihrem Triumphe nahe. Der Medusa wäre der Sclavenhandel gefolgt, ein Gemälde, welches einen Sclavenmarkt auf der Küste des Senegal darstellt. Endlich wäre die Idee einer unermeßlichen Composition, die Auslieferung von Parga und der Flucht seiner Bewohner, in der von edler Begeisterung erfüllten Seele Gericault’s allen jenen Gefühlen vorangegangen, welche seitdem die Sache und das Unglück der Griechen erregt hat. Außer seinem (erwähnten) großen Gemälde hat Gericault nichts hinterlassen, als die Studien, mit denen er zuerst auftrat, Gemälde von Pferden, mit der überraschendsten Wahrheit gemalt, Cartons, in denen der kleinste Zug das Gepräge eines bewunderungswürdigen Talentes trägt. Einige Versuche in der Bildhauerkunst beweisen, daß wenn ihm eine längere Laufbahn vergönnt gewesen wäre, er vielleicht den doppelten Ruhm erreicht haben würde, der dem Genies Michel-Angelo’s zu Theil ward.

Unter den merkwürdigsten der Werke, die im Jahre 1819 ausgestellt wurden, war ein Gemälde von Hersent, die Thronentsagung von Gustav Wasa. Dieß war das erstemal, seit der Existenz der französischen Schule, daß ein Stoff aus dem Mittelalter mit so vieler Localfarbe wiedergegeben war. Außer dem neuen Interesse der historischen Wahrheit verdankte dieß Kunstwerk den Ruf, welchen es bald erhielt, dem edlen Character und dem mannigfaltigen Ausdruck der Köpfe, einem guten Colorit und einer sorgfältigen Ausführung. In derselben Ausstellung sah man die classische Schule gewissermaßen ihre letzten Strahlen werfen. Picot, Drolling, Guillemont, Heim, Steube, Couder und Abel de Pujol traten darin mit allen den bereits bekannten Eigenschaften der guten Schüler David’s auf. Aber ihre Gemälde, in denen weder Kenntniß noch Geschmack fehlten, erschienen kalt neben denen von Gericault, charakterlos neben denen von Hersent.

In der Ausstellung von 1822 zeigte sich gewissermaßen ein Stillstand in dem fortschreitenden Gang der neuen Reform; man bemerkte nichts Ueberraschendes in derselben als den ersten Auftritt von Delacroix, in einem Gemälde, welches Dante und Virgil darstellte, wie sie durch den Phlegias gehen. Schon in diesem ersten Werke, in welchem er Gericault’s Manier nachahmte, kündigte Delacroix ein wahres Talent an, aber nicht jene Originalität, die ihn gegenwärtig auszeichnet. Außer diesem Gemälde, außer Ruth und Booz von Hersent, und zwei Altarblättern von Scheffer und Gassies, schien alles, was von historischen Gemälden vorhanden war, in die alte Bahn zurückzufallen: das Publikum zeigte wenig Aufmerksamkeit für jene großen Stücke Leinwand, die von allem Interesse entblößt waren, und schien sich nur mit Genre-Bildern, die durch die Wahl des Gegenstandes oder die Ausführung sich auszeichneten, zu beschäftigen.

(Fortsetzung folgt.)


Grundzüge der Geschichte der Philosophie bei den Chinesen.


(Schluß.)

Die katholischen Missionen kamen erst lange nach der Einführung dieser atomistischen Philosophie nach China zu einer Zeit, wo die Gegner, welche sie vielleicht gefunden hatte, durch den einstimmigen Beifall der Gelehrten zum Schweigen gebracht waren; man darf sich daher nicht wundern, wenn einigen von ihnen die materialistischen Ansichten, welche überall in der Erklärung der alten Texte, Gebräuche und Ceremonien vorherrschen, vor allen auffielen. Ob diese Ansichten auch wirklich denen des Alterthums entsprechen oder nicht, darum fragte es sich für sie nicht; denn daß die modernen Chinesen sie angenommen hatten, war hinreichend um ihnen die Pflicht aufzulegen, diese Meinungen zu bestreiten. Nur darin hatten einige Unrecht, daß sie vom damaligen Zustand auf den ehemaligen schloßen, und unbedingt auf das Wort einiger bekannten Commentatoren hin, den alten Philosophen Atheismus zur Last legten. Umsonst beriefen sich die Vertheidiger der King auf den Text dieser Bücher selbst, umsonst nöthigten sie selbst den Kaiser sich über den Sinn der Hauptstellen für die Geistigkeit der absoluten Vernunft, für Vorsehung, für Vergeltung, für ein anderes Leben auszusprechen; diese großen Autoritäten vermochten nichts gegen den Glauben, den man beinahe im ganzen chinesischen Volk antraf. Einige Jesuiten freilich, welche Stellen über das platonische Dogma vom Logos, von der Dreieinigkeit, vom vermittelnden Hauch gefunden zu haben glaubten, waren viel weiter gegangen, und hatten in den alten Büchern nicht nur einen ausgebildeten Spiritualismus gefunden, sondern glaubten sogar die auffallenden Aehnlichkeiten in den Lehren nicht anders erklären zu können, als durch Traditionen, welche von Nachkommen Noah’s herkämen, oder von der Zerstreuung der zehn Stämme oder gar von einer eigenen Offenbarung. Diese gewagten Vermuthungen wurden vielleicht mit Recht verworfen,

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_267.jpg&oldid=- (Version vom 8.10.2021)