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Das Ausland. 1,2.1828

würde. Um das Geld aus dem Schatze wieder in die Taschen des Volks zu bringen, ist es meines Erachtens unumgänglich nothwendig, den Schatz selbst mit großen Aufträgen zu belasten, welche mit dem wahren Interesse des Landes in Verbindung stehen, z. B., außer der Abzahlung der Nationalschuld, mit der Verbesserung der Seemacht: schon deshalb, weil wir uns dadurch am leichtesten sicher stellen, daß die Staatsgelder nicht für unnütze oder gar gefährliche Zwecke verwandt werden. Die Ersparung, die durch eine bleibende Geldbewilligung erzweckt wird, kommt gleichfalls sehr in Betracht. Im Privatleben, wie in Staatsangelegenheiten, kann nichts wohlfeil gekauft werden, wenn man es zur Zeit der Noth kauft. Schließt man aber wegen der Holzlieferung Contracte auf mehrere Jahre ab, so kann man es nicht nur von besserer Qualität, sondern auch viel wohlfeiler erhalten, als man es kauft, wenn man’s nicht länger entbehren kann. Die Erfahrung lehrte uns, daß man bei stehenden Geldbewilligungen für dieselbe Summe, welche unter jährlicher Bewilligung Kriegsschaluppen kosteten, Fregatten bauen konnte.

Für jetzt ist es nicht nothwendig, die Zahl unserer Kriegsschiffe zu vermehren, da sie für den Schutz unsers Handels in Kriegszeiten hinreichend sind. Blickt man indessen in die Zukunft, so leuchtet ein, daß die Zeit nahe ist, wo eine größere Anzahl Schiffe nothwendig werden dürfte. In einem Lande, wie das unsrige, wo sich die Bevölkerung in 25 Jahren verdoppelt, müssen wir beständig fortschreiten, wenn wir unsere Staatsanstalten aufrecht erhalten und dem Wachsthum und Zustande unsers Landes angemessen machen wollen. In unserm Fortgange einhalten, heißt so viel als rückwärtsgehen. Brauchen wir jetzt keine neue Schiffe, so müßten wir sie doch nach wenigen Jahren erbauen. Aber gute, dauerhafte Schiffe, mit steter Rücksicht auf Ersparung gebaut, lassen sich nur von wohl getrocknetem Holze zimmern. Wir müssen mithin auf die Begründung einer Seemacht unsere Aufmerksamkeit richten, auf eine Seemacht, welche der sich mehrenden Bevölkerung und den wachsenden Hülfsquellen der Vereinigten Staaten angemessen ist. Das Holz der immer grünen Eiche[1] der südlichen Staaten, ohne Vergleich das beste Schiffbauholz auf Erden, ist nur dann dauerhaft, wenn es lange gelegen hat. Es ist eine schmähliche Verschwendung dieses höchst schätzbaren Materials, wenn es im grünen Zustand verarbeitet wird; so oft dieses geschah, faulten unsere Schiffe in kurzer Frist, und Zeit und Geld waren verloren. Wie lange dagegen dieses Holz, wenn die gehörige Sorgfalt darauf verwendet wird, sich erhalten lasse, können wir aus einer eigenen Erfahrung von mehr als dreißig Jahren schließen.

Die im Jahre 1798 und 1799 für den Bau eines 74 Kanonenschiffs gefällten Eichen wurden unter Regendächer gelegt, und lagen dort bis 1815. Als man das Holz in dieser Zeit untersuchte, fand man, daß dasjenige, welches vor dem Wetter beschützt lag, sich in vollkommen gesundem Zustand befand. Die Gerippe des „Independance“ und des „Washington“ wurden völlig, das des „Franklin“ zum Theil aus diesem Holz gezimmert, und jetzt nach Verlauf von 17 Jahren ist es noch im besten Zustande, und kann, nach dem Urtheile der Sachverständigen noch länger als ein Jahrhundert dauern. In Frankreich ward zur Zeit Ludwig XIV Eichenholz gefällt, und erst nach einem Jahrhundert zum Schiffbau gebraucht, wo man es vollkommen gesund fand. Es giebt zwei Methoden, Schiffbauholz aufzubewahren, welche man beide mit gleich günstigem Erfolge anwendet: das Untertauchen ins Wasser und die Aufbewahrung unter Regendächern (sheds); nach der Meinung unserer Seeoffiziere läßt sich Weißeichenholz auf beide Art Jahrhunderte lang aufbewahren, und ein Sachverständiger erklärte, als man ihn befragte, sehr emphatisch: wendet nur die verlangte Vorsicht an, so wird Eichenholz so unverwüstlich als Kupfer und Eisen!

Es ist meine Pflicht, dem Senate anzuzeigen, daß dieser wichtige Baum mit einer Schnelligkeit aus unsern Wäldern zu verschwinden anfängt, welche uns dringend auffordert, unmittelbare, wirksame Maßregeln für die Erhaltung desselben zu nehmen oder einzuwilligen, daß er uns ganz verloren geht. Im Laufe der letzten Jahrzehnte sind ganze Wälder von Weißeichenstämmen unter der Axt des Anbauers gefallen, und durch Brand vernichtet worden, um Land für Baumwolle urbar zu machen. Unsre Kriegs- und Handelsmarine hat in den letzten zwölf Jahren eine ungeheure Menge derselben verbraucht und außerdem wird eine fast unglaubliche Zahl Weißeichenstämme ins Ausland geführt. Aus diesen Ursachen vermindert sich diese unschätzbare Art des Bauholzes fortwährend auf eine sehr beunruhigende Weise.

Ein einsichtsvoller, in Eid und Pflicht stehender Agent untersuchte die südlichen Staaten vor acht oder zehn Jahren, um die Quantität der Weißeichen für den Schiffsbau

  1. Quercus alba. Wild; sie wird 70 bis 80 Fuß hoch, und liefert unter allen Eichen das beste Schiffsbauholz. Wächst in Virginien, Illinois etc.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_283.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)