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Das Ausland. 1,2.1828

auszumitteln. Derselbe ward in den letzten zwölf Monaten für denselben Dienst gebraucht. Nach seinem Berichte grenzt die Verminderung jenes Baums innerhalb jener Zeit ans Unglaubliche, und auch er dringt darauf, die entscheidensten Maßregeln zu nehmen, um die kleine Masse dieses Bauholzes, welche dem Lande noch übrig und für Schiffe der größten Art vorzüglich passend ist, vor Vernichtung zu retten. Er bezeugt, daß innerhalb weniger Monate am Ende des Jahrs 1825 über 150,000 Cubikfuß Weißeichen aus einem einzigen fast unbekannten Fluß Floridas fortgeflößt und ins Ausland verschifft wurden, und daß aus dieser Ursache und wegen der schnellen Zunahme der Bevölkerung und des Anbaues dieß Bauholz sehr bald ganz verschwinden muß. Dieser Bericht wirkte dergestalt auf das Marinedepartement, daß es sogleich auf Mittel dachte, diesem drohenden Unheil vorzubeugen, und es ward vorgeschlagen, Anpflanzungen von jungen Weißeichen anzulegen, für den künftigen Dienst der Flotte. Doch diese würden erst nach 50 Jahren Schiffbauholz liefern und es ist offenbar nothwendig, alles, was noch übrig ist, für den Dienst zu retten, und dasselbe aufzubewahren, weil es durch Aufbewahrung unverwüstlich wird. Die großen davon zu erwartenden Vortheile lassen sich aus einem Beispiel der brittischen Marine abnehmen. Weil Großbritannien gezwungen war, die meisten Schiffe aus frisch gefälltem Holz zu bauen, so sind seit dem letzten Frieden von 1100 Schiffen 600 als verfault und untauglich zum Dienst abgebrochen worden, während die übrigbleibenden so große Reparaturen bestehen mußten, daß man im Parlamente erklärte: „die brittische Flotte sey seit dem Frieden von Grund aus erneuert.“ – Wir haben vorgeschlagen, 2 Millionen Dollars jährlich zum Ankauf von Schiffbauholz anzuwenden, dasselbe niederzulegen und für den künftigen Gebrauch aufzubewahren. Auch ist vorgeschlagen, künftig keine mit Weißeichen bewachsene Staatsländereien mehr zu verkaufen.

Ein zweiter wichtiger Gegenstand sind die trocknen Docken. Es ist erstaunlich, daß ein Land, welches zwölf Linienschiffe und zwanzig Fregatten besitzt, ganz ohne diese nothwendigen Erfordernisse aller Flotten ist, und daß wir, mit der Erfahrung der übrigen Welt vor unsern Augen, den Zeitverlust, die Gefahr und die Unkosten uns gefallen lassen, unsere Schiffe auf den Werft zu bringen, da wir doch so viele herrliche Anlagestellen für Docken besitzen, und da wir fast in einem einzigen Jahre ersparen können, was ihr Bau kostet. Ein Schiff von 74 Kanonen, welches von einem Kreuzzug in einen Hafen zurückkehrt, und auch nur geringe Reparatur nöthig hat, kostet an 20,000 Dollars, um es auf den Werft zu bringen. Es muß entladen werden; man muß das schwere Geschütz herausnehmen, Sparren und Segel fortschaffen; viele Leute sind zu dieser Arbeit erforderlich, und ist die Reparatur geschehen, so muß das Schiff wieder beladen und armirt werden. Diese Arbeit ist zugleich mit großem Zeitverlust verknüpft. Gewöhnliche Reparaturen halten so ein Schiff über einen Monat auf, und in gewissen Jahreszeiten ist es nicht rathsam, ein Schiff der gefährlichen Operation des Ablaufens zu unterwerfen. Zu jeder Zeit und unter allen Umständen leidet das Schiff sehr. Nicht genug! bei der gegenwärtigen Einrichtung unserer Schiffswerfte müssen die Kriegsschiffe nicht nur wegen Reparaturen, sondern selbst wenn sie untersucht werden sollen, auf den Werft gehoben werden. Ohne vorgängige Untersuchung darf kein Kriegsschiff, welches eine Zeitlang im Hafen gelegen, oder weite Reisen gemacht hat, wieder in See gehen, und muß demnach allen Verzug, alle Gefahr und alle Kosten des auf den Werfthebens, tragen. In Kriegszeit hemmt dieses Alles die Wirksamkeit der Flotte ausserordentlich. Zeit ist bei allen Militär-Operationen in Betracht der Erfolge von großer Wichtigkeit, und durch Schnelligkeit der Zurüstung, so wie durch Gewandtheit in der Bewegung wurden oft Schlachten gewonnen, welche sonst verloren worden wären. Mittels passender, trockner Docken können Schiffe untersucht und augenblicklich wieder flott gemacht werden, und Reparaturen lassen sich auf diese Weise so schnell als möglich, und mit weit geringeren Unkosten bewerkstelligen. Vor nicht langer Zeit lief eine brittische Fregatte mit allen Provisionen und völliger Ausrüstung an Bord zur Untersuchung in eine trockne Docke und segelte noch während derselben Fluthzeit (tide) nach ihrer Bestimmung ab. Die Vortheile der trocknen Docken sind in Europa so anerkannt, daß es dort keine Seemacht gibt, welche deren nicht mehrere besitzt. In England sind es deren 16 und 3 neue sind im Baue begriffen; Frankreich hat zwölf, alle von den dauerhaftesten Materialien. Ein einsichtsvoller, erfahrener Civil-Ingenieur, der viele Jahre in England lebte, hat kürzlich die genauesten Ausmessungen und Berechnungen über diesen Gegenstand entworfen. Seinen Angaben zufolge, würden die gesammten Ausgaben für den Bau von 4 trockene Docken in folgenden Marine Werften, nach dem erprobtesten Plan, wie folgt ausfallen:

Zu Portsmouth im Staate New Hampshire Doll. 349,571:71
Zu Charlestown (bei Boston)
     im Staate Massachusetts
Doll. 356,864: 4
Zu Brooklyn auf Long Island
     Staat New York
Doll. 380,116:86
Zu Gosport in Virginien Doll. 398,800: –

An jedem dieser Plätze sind trockne Docken nothwendig. Für jetzt ist der Bau von zweien zu gleicher Zeit, eine im Süden und die andere im Norden des Potomac Stroms in Vorschlag gebracht; desgleichen der Bau einer Marine Eisenbahn (Railway) zu Pensacola am mexikanischen Meerbusen. Die Anlage solcher Eisenbahnen kostet weniger als Docken, und sie leisten bei der Reparatur großen Nutzen, sind jedoch zu Fregatten und Linienschiffen mit großer Gefahr verbunden, und können also Docken keineswegs ersetzen.

Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_284.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)