Seite:Das Ausland (1828) 317.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

und Cisternen herauf, Andere Landhäuser, Berge, Wiesen und Heerden. Dieses Schauspiel würde uns vortrefflich unterhalten haben, wäre die Täuschung nicht gar zu grausam gewesen.

An demselben Tage stiegen wir unter grenzenloser Anstrengung und Mühe über die Gebirge. Dieß waren steile Felsen von großer Höhe, und da sie ohne alle Bedeckung von Laub und Buschwerk den Sonnenstrahlen ausgesetzt sind, so war die Hitze hier unerträglich. Viele wurden ohnmächtig, einige, wie ich glaube, starben. Auf der Höhe hatten wir eine unbeschränkte Aussicht in die Ferne, und in die Wüste auf der andern Seite des Gebirges, welche uns gleich dem Meere in unaufhörlicher Bewegung zu seyn schien. Als wir in die Ebene hinabgestiegen waren, bot uns unerwartet ein kleines Wäldchen ein willkommenes Obdach dar, unter welchem wir eine halbe Stunde lang lagerten.

Am letzten Tage unseres Marsches kamen wir in ein ödes zerstörtes Dorf. Es war vor kurzer Zeit erst von unsen Feinden besucht worden. Bald darauf fanden wir auf einer beträchtlichen Strecke einige hundert von der Sonne blendend weiß gebleichte Gerippe. Es war Capitän Thompson mit seinen 500 Leuten. Dieser Anblick rief uns zur Rache auf, und jede Compagnie die über die Gebeine hinwegstieg, fluchte den Todesengeln ihrer Cameraden. Ein kleine Strecke davon wurden wir die Stadt selbst ansichtig. Sie stand mit der hinter uns liegenden Einöde in sonderbarem Widerspruch. Die prächtigen Dattelwälder zu beiden Seiten, und die nicht unbedeutende Reihe gewaltiger Thürme vor uns gaben ihr ein majestätisches Ansehen. Als wir näher kamen, wurden wir mit unserer eigenen, von Thompson erbeuteten Artillerie begrüßt. Wir erwiederten das Feuer aus unsern leichten Feldstücken. Der Feind wurde dadurch indessen nicht muthlos, sondern zeigte uns unmittelbar darauf im Glanze der Sonne hunderte von Schwertern und Spießen, offenbar, um uns einen Entschluß, tapfern Widerstand zu bieten, anzudeuten. Hierauf eröffneten sie das Feuer von neuem gegen uns. Wir zogen uns hinter einige Sandhügel und einen Dattelwald zurück, hinter dem unser Chef zu bleiben gedachte, um zum Behuf einer regelmäßigen Belagerung die Ankunft des schweren Geschützes zu erwarten, als eine zufällige Entdeckung ihn bestimmte, seinen Entschluß zu ändern. Er hatte einige Stabsoffiziere beordert den in der Nähe liegenden Dattelwald zu recognosciren. Diese kamen ohne auf Hindernisse zu stoßen bis an den äußersten Rand desselben, und fanden einen großen Thurm. Einer von ihnen stieg mit dem Fernrohr in der Hand hinauf, in der Hoffnung im gegenüberstehenden Walde die Bewegungen der Feinde beobachten zu können, als er plötzlich eine kampfgerüstete Menge sich zum Angriff bereit halten sah. Es war fürchterlich erhaben, ihre schwarzen Gestalten in der verwandten Farbe ihrer eigenen Schatten und im Glanze ihrer Waffen zu erblicken, – einen ganzen Stamm, der den letzten verzweifelten Versuch der Rettung wagte, noch kräftig und auf den Tod gefaßt, – aber in wenig Minuten zu sterben verurtheilt; – ein Schicksal, das wir nun zu vollenden beeilt waren.

Unsere Feinde würden indeß ohne Zweifel noch einen glücklichen Angriff auf uns haben machen können. Um den erwähnten Dattelwald zu passiren, waren unsere Leute genöthigt, einzeln zu gehen, und sie würden, wären sie überfallen worden, nicht allein durch ihr schweres Gepäcke außer Stande gesetzt gewesen seyn Widerstand zu leisten, sondern wären auch auf ihrer Flucht über ungeheuere Baumstämme gefallen; wovon ein bedeutender Verlust die unausbleibliche Folge gewesen wäre. – Selbst noch in dem Moment als die Mannschaft Mann für Mann heraustrat, und sich in Glieder ordnete, würde ein Angriff entscheidende Folgen nach sich gezogen haben. Er unterblieb indessen, und wir rückten, ohne im geringsten belästigt zu werden, vor. Das 65te Regiment und die Truppen der Eingebornen bildeten das erste Treffen. Der Rest unserer Macht war in der Reserve aufgestellt. Nun drang eine Abtheilung unserer Scharfschützen in das Versteck der Feinde, und trieb sie hervor. Es war ein seltsamer Anblick – furchtbar aber zugleich comisch, – nicht weniger als tausend ihrer schwarzen, wilden Gestalten in einem verwirrten Schwarm herauftauchend, ihre Schlachtgesänge singend, und in den groteskesten Haltungen sich herumtummelnd. Sie schienen einen Augenblick über die Wahl des anzugreifenden Punctes unentschlossen, und warfen während der Zeit Steine in unsere Glieder. Um sie zu einer baldigen Entscheidung zu vermögen, gaben wir eine Ladung auf sie. Als sie anrückten warfen sie ohne zu fehlen ihre Speere, und wurden dann mit dem Schwerte in der Hand handgemein, indem sie mit einer fürchterlichen Geschwindigkeit nach allen Seiten tödliche Streiche austheilten. In einem Augenblick war das Regiment der Eingebornen zersprengt und aufgerieben. Dasselbe Schicksal würde das 65te Regiment gehabt haben, wenn nicht der commandirende Offizier im entscheidenden Augenblick die Geistesgegenwart besessen hätte, aus seinen Leuten drei Seiten eines langen Vierecks zu formiren. Diese Stellung setzte uns in den Stand von allen Seiten außer im Rücken, wo unsere Reserve stand, den Feind, ins Feuer zu nehmen, und verhinderte denselben sich in unsere Glieder zu stürzen. Sie mußten sich also zurückziehen, und die Eile ihrer Flucht war nun ebenso groß als ihr Angriff heftig gewesen war. Unser scharfes und gut unterhaltenes Feuer streckte sie zu hunderten zu Boden.

Diejenigen welche entkommen waren, warfen sich in den Hauptthurm, den Pallast des Scheikhs, welcher mit vieler Geschicklichkeit befestigt war. Wir richteten uns daher dorthin. Zugleich sahen wir einige Haufen auf Kameelen und Pferden über die Ebene flüchtender Wechabiten. Eine Ladung warf noch einige von ihnen nieder, der größte Theil aber entkam. Merkwürdig war die Starrköpfigkeit dieses Volks, welches, obgleich gedemüthigt, uns dennoch seinen Thurm zu öffnen verweigerte. Wir wurden genöthigt das Geschütz gegen denselben spielen zu lassen. Ich

Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_317.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)