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Das Ausland. 1,2.1828

an, woher der Stoff entlehnt sey. Eine Schauspielerin tritt auf, und nach einem kurzen Dialog fängt der erste Act an, indem sich uns der Palast Vatsa’s zeigt, einer Lieblingsperson der Hindus, die immer von derselben Gesellschaft begleitet erscheint: Vasayadatta, seiner Gemahlin, Yangandharayana, seinem Minister, Vasantaka, seinem Hofnarren, und Rumanwan, seinem General. Ein Monolog des Ministers, in welchem er sich über den gegenwärtigen Stand der öffentlichen Angelegenheiten ausspricht, eröffnet das Stück; nachdem er denselben recitirt hat, zieht er sich in seine Wohnung zurück. Darauf sieht man Vatsa Raja mit Vasantaka, zum Frühlingsfeste geschmückt. Während sie sich unterhalten, nähern sich Madenika und Chutalatika, indem sie durch Tanz und Gesang die Macht der Gottheit der Jahreszeit ausdrücken. Der König bemerkt, als sie sich wieder entfernt haben: „Ich sehe in der That den Einfluß der Jahreszeit in ihrer Erscheinung ausgedrückt; das Haarband der einen ist gelöst und ihre langen Locken fliegen entbunden in der Luft; das Halsband der andern scheint zu schwer für ihre schmachtende Gestalt, obwohl sie ihre tönenden Knöchel mit mehr als gewöhnlicher Schnelligkeit bewegt.“

Der König und Vasantaka gehen darauf in den Garten, um der Königin darin zu begegnen. Wir hören, daß die Bäume den Genuß der entzückenden Jahreszeit theilen; „ihre neuen Blätter glühen gleich Corallen, ihre Zweige schwanken voll Leben im Winde und ihr Laub ertönt von dem fröhlichen Murmeln der Bienen.“ Die Königin, ihre Dienerin Katschanamala, und Sagarika kommen jetzt in den Garten. Die Opfer werden angeordnet und der König und seine Freunde gesellen sich zu den Damen. Die Königin macht gegen den König ihre Verbeugung und man welchselt gegenseitig Geschenke.

Der nächste Act beginnt in dem Garten des Palastes. Man sieht Sagarika darin sitzen mit einem Gemälde, das sie zärtlich betrachtet, als sie von ihrer Freundin Susangata unterbrochen wird. Diese hält Lotosblätter auf Sangarikas Busen, um das Fieber ihrer Leidenschaft zu kühlen. In diesem Augenblicke entkommt ein Affe aus seinem Behältniß, und die Damen fliehen und lassen das Gemälde zurück, welches Vatsa und Sagarika selbst darstellt. In einem andern Theile des Gartens erscheint Vasantaka und bald darauf der König. Sie hören auf Sagarika’s Staar, der ihnen die Unterhaltung zwischen der Jungfrau und ihrer Freundin wiederholt. Sie entdecken das Gemälde und der Staar beginnt aufs neue von der natürlichen Neigung und vom hohen Werth erhabener Auszeichnung zu sprechen, indem er die Worte Susangatas zu ihrer Freundin nachschwatzt. In der Pisanglaube findet man den Käfig des Staars durch den Affen zerbrochen. Der Staar hat von einem Baume in der Nähe das Geheimniß der Liebe der Jungfrau entdeckt. Indessen halten sich beide Damen hinter den Pisangs verborgen. Sie werden entdeckt und Vatsa will den zärtlichen Liebhaber spielen, wird aber von Sagarika zurückgewiesen. Vasantaka erinnert den König, Susangata durch das Geschenk eines Armbandes zum Stillschweigen zu vermögen. Die verstohlene Zusammenkunft dauert so lange, bis die Königin erscheint und sie sich zurückziehen. In der Verwirrung, die erfolgt, sucht der König das Gemälde zu verbergen, läßt es aber fallen und die Königin entdeckt es. Der Freund des Königs, Vasantaka, bemüht sich die Sache zu erklären, jedoch für die Eifersucht eines Weibes auf keine Weise befriedigend.

Die folgende Scene ist ein Gemach im Palaste, worin Weiber intriguiren. Vatsa ist in Liebe entbrannt gegen Sagarika. Die Königin verkleidet sich und wird von Vasantaka für Sagarika gehalten. Sie geht und besucht ihren Gemahl in dieser Verkleidung, und nachdem die Täuschung gelungen ist und sie von ihrem Gemahl das Bekenntniß seiner Liebe zu Sagarika erhalten hat, gibt sie sich zu erkennen. Inzwischen spielt Sagarika dasselbe Spiel in der Verkleidung der Königin und stellt sich, als wolle sie sich aus Eifersucht ermorden, wird aber vom König gerettet, der in der vermeinten Königin seine Sagarika entdeckt. Die Königin kommt dazu, läßt in der Gegenwart des Königs Sagarika gefangen nehmen und abführen – Niemand weiß wohin – während der König traurig zurückbleibt und zum Andenken von seiner Geliebten nichts als ein Halsband behält.

Darauf erscheint ein Zauberer, der seine Kunst vor dem König und der Königin zu zeigen begehrt. Er winkt mit seinem Federbusch und man sieht Brama und andere Gottheiten im Himmel, vor denen himmlische Nymphen einen heiteren Tanz aufführen. Dieß Schauspiel wird durch eine Gesandtschaft unterbrochen, die von dem Hofe des Fürsten Avouti kommt. Einer der Gesandten erblickt das Halsband, welches Sagarika dem König zurückgelassen hat und erklärt, daß dasselbe der Tochter seines Herrn gehöre, von welcher eine Prophezeihung sagte, daß ihr Gemahl der Herr der Welt werden würde. In diesem Augenblick wird gemeldet, der Palast stehe in Flammen. Der König ist besorgt um die Königin, die sich indessen in Sicherheit in seiner Nähe befindet, aber ihrerseits Besorgniß für Sagarika, ihre Gefangene, ausdrückt.

Der König stürzt durch die Flammen, seine Geliebte zu retten, die er in Ketten findet und der Gefahr entreißt. Zugleich ist aber auch das Feuer verschwunden, und Vatsa reibt sich die Augen, um zu sehen, ob dieß alles wirklich wahr sey. Das Feuer war aber in der That nur Täuschung – das Werk der Zauberei. Der König umarmt die Tochter des Königs Avouti, die als Sagarika bisher unbekannt war, und bringt sie zu der Königin, die versöhnt wird. Yagandharayana, der Minister, kommt nun und erklärt das scheinbare Geheimniß. Sagarika, jetzt Retnavali, wird für die Schwester der Königin erkannt und Vatsa erhält die Hand der Jungfrau, welche die Götter selbst zur Quelle des Sieges bestimmt haben.

Dieß ist der flüchtige Umriß eines Schauspiels, welches als das treueste Gemälde der Sitten und Lebensart der

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_328.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)