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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 80. 20. März 1828.

Beechey’s Expedition nach der Nordküste von Afrika.

Proceedings of the Expedition to explore the Northern Coast of Africa, from Tripoly eastward, in 1821–22; comprehending an Account of the Greater Syrtis and Cyrenaica, and of the Ancient Cities composing the Pentapolis. By Captain F. W. Beechy, R. N., F. R. S., and H. W. Beechey, Esq. F. S. A. 4. London 1828.


Die Gegenden, welche Capitän Beechey und seine Begleiter durchzogen, gehören zu den interessantesten der Welt. Hier lag das alte Darnis, Cyrene, Ptolemais, Berenice, Diarrhäa, Macomades, Leptis und Oea; hier standen die Altäre der Philänen, hier sind die Ufer der Lethe, hier blühten die Gärten der Hesperiden.

Die Reisenden landeten in Oea, dem heutigen Tripolis, und zogen ostwärts längs der Meeresküste, zur Rechten die Wüste, zur Linken die See. Von Tripolis bis Tagiura ist das Ufer flach, sehr gut angebaut, und mit Korn, Obst-, Dattel- und Oelbäumen bedeckt. Die Ruinen sind hier nicht zahlreich. Bald kamen sie in einen Theil der Wüste, wo kein Mensch und keine Wohnung mehr zu sehen war. Ein begeisterndes Gefühl ergriff Capitain Beechey, als der den Fuß in diese spurlose Einöde setzte. Auch der unglückliche Burkhardt rechnete die in der feierlichen Einsamkeit der Wüste zugebrachten Stunden zu den glücklichsten seines Lebens. Beechey bemerkt, daß die furchtbaren Beschreibungen von Sandstürmen, welche man in den Werken sehr achtbarer Reisenden findet, sehr übertrieben seyen. Jene Meere von Sandwolken, welche in Zeit von wenigen Stunden ganze Caravanen bedecken sollen, seyen bloße Gebilde der Einbildungskraft. Selbst auf einen schlafenden Reisenden wehe der Wind nicht mehr Sand, als der bei seinem Erwachen leicht wieder von sich abschütteln könne. Sey der Reisende gar in Bewegung, so wäre es lächerlich, wenn man befürchten wollte, er werde vom Sande überdeckt werden. Vielleicht ließ Capitän Beechey’s kräftiger Sinn ihn die Gefahren eines Sturms der Wüste zu gering anschlagen, auf jeden Fall aber legen diese Bemerkungen ein schönes Zeugniß von der offenen, männlichen Geradheit des Reisenden ab. Der helle Gesang seiner arabischen Führer, welcher Regen, Sturm und Ungewitter freudig übertönte, erheiterte die Einsamkeit der Wüste.

Die Resultate dieser Reise, die uns die Herren Beechey in obigem Werke vorlegen, sind der aufmerksamsten Beachtung würdig. Die eben so anziehenden als gelehrten Untersuchungen über alte Geschichte und Poesie[1], die lebendigen Schilderungen der Gegenden und Sitten, der edle Styl voll Kraft und Männlichkeit, die trefflichen Kupfer, Charten und Plane – alles trägt dazu bei, diese literarische Erscheinung zu einer der schätzbarsten der dießjährigen literarischen Season Londons zu machen.

Einige Auszüge mögen dieses Urtheil wenigstens andeutend rechtfertigen.

Von der Einfachheit der Araber haben alle Reisenden gesprochen. Das vorliegende Werk gibt folgende Beschreibung des Urzustandes ihrer Sitten.

„Die Einwohner von Zaffran sind Beduinen, so wie alle Anwohner der Syrtis, daher trifft man zwischen Mesurata und Bengazi keine Stadt und kein Dorf. Ueberall bewiesen sie sich gastfreundlich und gefällig gegen uns, und nie traten wir in ihre Zelte, ohne einen herzlichen Empfang zu finden. Freigebig boten sie uns von ihrer einfachen Kost, Milch und Datteln, während unsern Pferden Korn gereicht wurde. Frische Milch war nicht immer zu haben; nie aber fehlte es an Leban (sauere oder vielmehr Buttermilch) und selten verdroß es uns, von unseren Pferden zu steigen, um diese patriarchalische Kost zu genießen, welche nach dem beschwerlichen Ritt eines langen Tages durch weglose Gegenden, unter den Strahlen einer afrikanischen Sonne, unendlich schmackhafter ist, als es sich diejenigen einbilden mögen, die solche Nahrung für ihre Schwein aufsparen können.“

„Die Neugier unserer arabischen Freunde gewährte uns oft viele Unterhaltung. Wenn wir uns auf den Matten, die sie uns zum Nachtlager auf den Boden gebreitet, zur Ruhe gelegt hatten, schlichen sich Weiber und Männer langsam und scheu heran, jene um aufs aufmerksamste unsere Kleider zu untersuchen, diese um unsere Säbel und Gewehre näher in Augenschein zu nehmen. Die ersten waren vor allem über die weiße Leinwand unserer Turbane und Unterkleider, die letzteren vorzüglich über unsere Doppelflinten und Sackpistolen mit Stellhahnen erstaunt. In kurzer Zeit verschwand alle Zurückhaltung; die ganze Familie drängte sich um uns herum, und jeder wollte vor dem andern

  1. Die Untersuchungen über Herodot, Arrian, Theophrast, Athenäus, Strabo, Plinius, Procopius, Ptolemäus, Lucan, Sallust, Scylax, Servius, Leo Africanus, Edrisi, Abulfeda, Mela etc. beweisen, mit welch gelehrter Ausrüstung die Reise unternommen wurde.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_331.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)