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Das Ausland. 1,2.1828

führte, hat die Kenntniß des Landes gefördert; die Regierung richtet ihre Aufmerksamkeit auf dasselbe. Sie errichtet zur Disposition des Agenten einen Militair-Posten von etwa 40 Mann Linien-Truppen.

Die erste Art von Settlers oder Kolonisten sind die, die wir Squatters nennen. Diese sind meist arme Bürger ohne große Betriebsamkeit, die, da es ihnen an Mitteln fehlt, selbst Ländereien zu kaufen, auf den Gütern Anderer leben, und sie bearbeiten, bis sie vom Eigenthümer vertrieben werden. Bleiben sie arm, so ist dies nur die Folge ihrer Trägheit und ihrer Neigung zum Trunk: denn diejenigen unter ihnen, die fleißig sind, machen immer ihr Glück. Unter den letztern setzen manche jene Lebensart freiwillig, theils aus Neigung, theils aus Gewohnheit fort; gewöhnlich haben sie einige Neger, Weiber und Kinder, und manchmal sehr zahlreiche Heerden. Fast niemals halten sie zwei Erndten auf demselben Boden, sondern verlassen einen District, sobald er bevölkert wird. Unter ihren Händen gewinnt das Land schnell eine neue Gestalt. Alle sieben bis acht Meilen erheben sich kleine Hütten von Baumstämmen. Das Eisen ist zu kostbar, als daß sie sich dessen Gebrauch erlauben könnten; sie müssen es durch Holz ersetzen, selbst an den Thürangeln und Schlössern. Eine solche Hütte kann leicht in zwei bis drei Tagen erbaut werden; man sieht sie wie Pilze aus der Erde wachsen. Manchmal, wenn ich zu Pferde im Walde umherschweifte, um ein verirrtes Pferd oder Ochsen zu suchen, begegnete mir ein mit Möbeln und Kindern beladener Karren, nebst einen oder zwei Männern, die etwa 30 Kühe oder Schweine geleiteten. Nachdem sie die Fragen: Woher kommt Ihr? Wohin geht Ihr? freundlich beantwortet hatten, baten sie mich um genaue Beschreibung der Gegend, und um die Angabe des Weges zur nächsten Quelle. Nach einer Woche erblickte ich auf demselben Platze eine Hütte, eine eingezäunte Vieh-Weide und Federvieh, sah wie die Frau Baumwolle spann, wie der Mann durch einen cirkelförmigen Einschnitt (girdle) Bäume tödtete, kurz, wie sie ihren Wohnsitz aufschlugen, ohne sich um den Eigenthümer des Bodens zu bekümmern. Nach einigen Tagen veränderten sie oft um der leichtesten Ursache willen wieder ihren Wohnort, um Gott weiß wohin? zu ziehen. Diese Bevölkerung von Squatters ist manchmal sehr zahlreich; sie zieht den Viehhändler und den pedlar an, eine Art von Hausirer, der sich von dem europäischen nur dadurch unterscheidet, daß er seinen Kramladen auf einem Pferde hat.

Unter diesen ersten Settlers, von denen Manche großes Glück machen, Andere aber immer herumirrend und heimathlos bleiben, herrscht keine Regierungsform; jeder Streit wird mit Faustschlägen freundschaftlich beigelegt. Da sie außerhalb des Gebiets der Vereinigten Staaten leben, haben sie keine Wahlen und keine Politik; Land und Häuser haben nur einen untergeordneten Werth für sie; nur mit dem Vieh verbinden sie die Idee des Eigenthums. Jeder hat seine Zeichen; wenn er bestohlen wird, versammelt er seine Nachbarn, und, mit den Beweisen in der Hand, gehen sie zum Diebe, dem dann eine mehr oder weniger strenge Züchtigung zu Theil wird. In ihrer Sittenlehre ist der Diebstahl einer Kuh das größte Verbrechen. Sie haben noch keine Gesetze, und doch nimmt die Bevölkerung mit raschen Schritten zu. Ihre Religion beschränkt sich auf die Beobachtung des Sonntags und die Anhörung irgend eines fanatischen Methodisten, wenn sich einmal auf kurze Zeit einer in eine solche Gegend verirrt.

Rings um die Hütten öffnen sich unregelmäßige Felder; noch stehen die Bäume aufrecht, aber sind bereits abgetödtet; Grenzen von hölzernen Pfählen umgeben sie. Zahlreiche bequeme Fußpfade, auf der Rinde der Bäume bezeichnet, führen von einer Hütte zur andern, und einige Fahrwege schlängeln sich durch die Schatten des jahrhundertalten Waldes.

Unterdessen sind die Augen der unternehmenden Bürger der benachbarten Staaten auf diese reiche Beute gerichtet. Einer und der Andere geht hin, um das Land kennen zu lernen; man spricht beim Kongreß davon. Die Regierung macht den Vorschlag, einen Raum von diesem oder jenem Umfang zum Gebiet territory zu erheben; eine Bill setzt die Formen der Territorialregierung fest, die auf dieser ersten Stufe aus folgenden Elementen besteht. 1) ein Gouverneur, mit der executiven Macht ausgerüstet, wird von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten auf eine bestimmte Reihe von Jahren erwählt; er besetzt alle Aemter des Gebiets, hat das Recht der Begnadigung bei allen Vergehen gegen das Territorium, und das der Vertagung bei den Vergehen gegen die Vereinigten Staaten. Ihm steht ein Staats-Sekretär zur Seite, der zugleich Schatzmeister ist. 2) die gesetzgebende Macht ist in den Händen eines Rathes von zwölf Mitgliedern, die alle Jahre vom Präsidenten erwählt werden. Sie geben über jeden Gegenstand Gesetze, die jedoch von dem Gouverneur sanctionirt werden müssen, und von dem Kongreß verworfen werden können. 3) die richterliche Gewalt wird durch die Richter, deren es in jedem der Districte, in die das Gebiet getheilt ist, einen gibt, ausgeübt; ein solcher Richter vereinigt in seiner Person die Richtergewalt der Vereinigten Staaten und des Territoriums. 4) Alle zwei Jahre wird vom Volke ein Abgeordneter erwählt, um es beim Kongreß zu repräsentiren, wo er jedoch noch keine Stimme hat; er ist das letzte Glied in der Kette jener einfachen Verfassung die wir hier in ihrer lebendigen Bewegung und Entwicklung zu schildern suchen.

(Fortsetzung folgt.)


Brittische Humanität.

Während der kurzen Zeit, daß Lord Byron im Parlamente saß, ward eine Petition für die armen irländischen Landleute eingereicht, und von der „erblichen gesetzgebenden Weisheit“ sehr kalt aufgenommen. „Ach – sagte Lord Byron – was für ein Unglück ist es für die Irländer, daß sie nicht schwarz geboren wurden! Welche Menge von Freunden würden sie dann in beiden Häusern gefunden haben.“

Literary-Gazette.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_338.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)