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Das Ausland. 1,2.1828

alle diese Umstände werden stets störend jedem Unternehmen, aus diesem Flusse einen, für Schiffe jeder Größe fahrbaren Kanal zu bilden, entgegenwirken.

Indessen sollte ein Vorhaben, das für die Handelswelt von unberechenbarer Wichtigkeit ist und welches dazu dienen würde, die Unabhängigkeit der vereinten südamerikanischen Freistaaten zu verherrlichen und zu sichern, nicht so bald aufgegeben werden. Das Klima kann auf mannichfache Weise verbessert werden, und hier würde die Reinigung der Flußufer von Wald, das Graben von Abzugskanälen, das Durchstechen der Anhöhen und die Verminderung der Strömung durch Schleusen vielleicht hinreichen, die Unternehmung möglich zu machen.

Vielleicht ließen sich auch, und gewiß zu nicht geringerem Nutzen des Publikums, drei große Fahrstraßen durch die Landenge ziehen, anstatt der gegenwärtig bestehenden schmalen und oft steilen Wege, auf welchen die Kaufmannsgüter auf Maulthieren durch Mittelamerika getragen werden müssen. Diese Straßen müßten, wenn anders die Beschaffenheit des Landes es gestattet, zum mindesten 60 Fuß breit seyn, auf der einen Seite einen eingezäunten Weg für Wägen, auf der andern Seite einen Fußpfad haben, auf beiden Seiten aber mit Alleen von schattenreichen Bäumen besetzt werden. Die eine dieser Straßen könnte gerade durch den Isthmus von Darien, etwa zwischen Chagré und Panama, durchlaufen; eine andere vom Golf von Dulce nach Guatimala; und eine dritte vom Golf von Mexico nach dem von Tegnantepec. Keine dieser Straßen würde mehr als 60–100 englische Meilen in der Länge betragen, während der projektirte Kanal durch den Sankt Johann-Fluß und den Nicaragua-See 200 Meilen lang werden müßte. –


Illyrische Poesie.


(Fortsetzung.)

Ueber alle diese Nachahmer und Sonnettenschmiede ragt Giovanni de Francesco Gondola, der Tasso Illyriens, hoch empor, sowohl durch die Kraft und Reinheit seiner Sprache, durch seinen Reichthum an großartigen Bildern und Vergleichungen, als durch die Originalität seiner Erfindungen. Francesco Gondola ward geboren zu Ragusa am 8. Januar 1588, und erhielt wahrscheinlich seine erste Bildung in dem Jesuitencollegium seiner Vaterstadt. Ich sage wahrscheinlich, weil sich über die Kindheit und die Jünglingsjahre Gondolas nur Sagen erhalten haben. Er ward der besondern Freundschaft des Orazio Mascibradich, eines hochgefeierten Dichters der slavischen Illyrier, schon als Jüngling gewürdigt, und suchte ihm in seinen mannigfachen poetischen Erzeugnissen nachzueifern; bei dem Tode Mascibradichs († 1620) zählte Gondola erst dreißig Jahre. In demselben Jahre ließ Gondola, den seine Vaterstadt durch Uebertragung der bedeutendsten Aemter ehrte, in Venedig bei Marco Ginami die sieben Bußpsalmen in metrischer Uebersetzung drucken, sowie ein Gedicht Suse Sina Rasmetnoga, d. h. die Thränen des verlornen Sohnes, überschrieben, ein Werkchen, welches mehrere Auflagen erlebte; ein Jahr später (1621) erschien sein erhabenes Gedicht: Ueber Gott, welches von den Illyriern als ein unübertreffbares Meisterwerk der lyrischen Poesie gepriesen wird. Viele seiner dramatischen Dichtungen und Liebeslieder sind bei dem großen Erdbeben und der furchtbaren Feuersbrunst, die 1667 zu Ragusa wütheten, zu Grunde gegangen.Die slavischen Liebeslieder, slavisch Sacinke genannt, sind so alt wie die Heldenlieder, von denen wir oben gesprochen haben, und gewöhnlich reimlos. Francescos erotische Gedichte sind äußerst schwärmerisch und meistentheils von düsterm, melancholischem Ton. Die Thränen Radmiros, eines seiner gepriesensten Liebeslieder, mögen uns als Beispiel dienen. Der Dichter ist aller seiner Sinne beraubt, seufzt bloß für die geliebte, grausame Rakle, und flieht dahin:

„Wo die Freundin der Töne, wo die Nachtigall Aurora nicht bewillkommt mit heiterm Gesange, wohin die Sonne nicht dringt noch den dunkeln Pfad vergoldet mit beseligendem Glanz,

Wo dichter Schatten im Walde sich ausbreitet über zackige nackte Felsen, woher wehet ein eisiger Wind und erstarret die Glieder,

In diesen waldigen Schlund fliehe ich, in diesen Raum ewiger Stille und Schrecken, daß Gufos[1] widriges Rauschen in Töne der Klage und des Mitleids ausbrechen möge.

Bricht dann ein die schweigsame Nacht, liege ich da auf kaltem Kiesel, ein Verzweifelnder, klagend über die Härte der undankbaren Schöne.“

Den Druck seines Heldengedichtes, das ihm die erste Stelle unter den illyrischen Dichtern verschaffen sollte, konnte Gondola nicht mehr selbst besorgen; er starb am 8. Dec. 1655. Unstreitig ward Gondola durch den außerordentlichen Beifall, dessen sich Tassos befreites Jerusalem allenthalben erfreute, das er selbst in’s Illyrische übersetzt hatte[2] auf den Gedanken gebracht, aber auch in dieser Form der ältesten und mannigfaltigsten aller poetischen Darstellungen sich zu versuchen; er wählte, kühn genug, seinen Stoff aus gleichzeitigen, allen Zeitgenossen wohl bekannten Gegebenheiten.

Constantin Mohocla, der tapfere Hospodar der Moldau, ward 1614 von den Türken abgesetzt und floh nach Polen; Stephano Potocki wollte ihn mit Heeresmacht wieder in sein Land einsetzen; sein Unternehmen mißlang, und er gerieth, wie viele seiner Nachfolger, unter welchen auch der polnische Fürst Korecki (bei Gondola wird er immer mit Unrecht Korenski genannt), in türkische Gefangenschaft. Die Polen mußten 1617 einen sehr nachtheiligen Frieden schließen, der aber zum Heil des Landes nur von kurzer Dauer war. Der Krieg begann von Neuem, und der tapfere Wladislav, König von Polen, schlug in der denkwürdigen Schlacht bei Choczim, am 7. October 1621, die Türken auf’s Haupt. Mit dieser Schlacht und den darauffolgenden

  1. Namen eines Flusses.
  2. Auch diese Uebersetzung ist leider bei dem Erdbeben und dem großen Brand 1667 zu Grunde gegangen.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_361.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)