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Das Ausland. 1,2.1828

der Gläubigen. Kalt und ungerührt geht der Sultan vor dieser Auswahl aller Schönen seines Reiches vorüber, da erblickt er Suncianizza und wird gefesselt von der wundervollen Anmuth und der reizenden Unschuld der serbischen Jungfrau; aber erweicht von ihren Thränen und Bitten, bezwingt er sich selbst und seine Liebe, entläßt sie zu ihrem Vater, und nimmt statt ihrer zwei reizende Griechinnen.

Korevski, dessen Befreiung als unerläßliche Bedingung des Friedens von den Polen gefordert, und von Ali Pascha in Warschau zugestanden worden ist, wird vor den Sultan geführt. Mit ihm auch Sokolizza, die unbezwungene Amazone; sie widerräth dem Sultan einen so nachtheiligen Frieden mit den ungläubigen Polen einzugehen, sie selbst wolle ihn nach Asien begleiten, dort die unzähligen Schaaren der befreundeten Turkomannen sammeln, und dann die Christenheit mit Schmach und Schande bedecken. In Osmans Seele werden seine alten Traumgesichte wieder rege, auch schlägt sein wankelmüthiges Herz der muthigen Sokolizza entgegen. Er verspricht, ihrem Rath zu folgen, und zugleich sie zur Gemahlin zu nehmen. Die höllischen Dämonen halten (im 15ten Gesange) eine große Versammlung und verschwören sich zum Untergange der Polen; gegen ihre Wünsche wendet aber der mächtige Herr der Heerscharen Osmans Unternehmen zu dessen eignem Verderben. Die Janitscharen empören sich, als sie hören, Osman wolle nicht auf ihre Tapferkeit allein vertrauen, sondern nach Asien ziehen und neue Heere sammeln. Osman hierdurch erschreckt, ruft des Nachts seine getreuen Diener und klugen Räthe zusammen. Aber auch die Rebellen bleiben nicht unthätig; sie erstürmen das Serail, Osman wird gezwungen abzudanken und Mustapha, der lang verfolgte und gefangene, wird auf den Thron seiner Väter erhoben. Der Großvezier will sich als Derwisch verkleidet retten, wird aber erkannt und ermordet. Der großmüthige und tapfere Osman, dessen Seele damals schon von dem Gedanken erfüllt war, den Mahmud in unseren Tagen verwirklichte, wird in den sieben Thürmen eingesperrt und bald darauf erdrosselt. Still und geräuschlos wird er um Mitternacht begraben; keine Seele folgt der Leiche und kein Auge beweint das traurige Loos des menschenfreundlichen Herrschers der Gläubigen.


Deutschlands Handel mit Amerika.


(Fortsetzung.)

Der Handel Deutschlands mit dem brittischen Nordamerika, selbst wenn auch nur mittelbar über England betrieben, wird mit jedem Jahre wichtiger, und wirkt schon vortheilhaft auf die Landwirthschaft Norddeutschlands ein. Die große Schlachterei in der Nähe von Hamburg zur Versorgung von Newfoundland etc. ist fortwährend in Thätigkeit, consumirt ganze Heerden von Hornvieh und Schweine, bedarf einer großen Menge Butter, und läßt ungeheuer viel Brod backen. Die Nachbarschaft Jütlands, Schleswigs, Hollsteins, Mecklenburgs und der hannövrischen Marschländer befördert diesen höchst ersprießlichen Betrieb; aber auf Deutschlands Fabriken und Manufakturen kann dieser Verkehr nur wenig einwirken; denn jene Lebensmittel werden auf brittischen Schiffen nach Nordamerika geschafft, und also läßt sich nicht einmal durch Schleichhandel dort etwas einbringen. Indeß ist deutschen Schiffen die Hinreise nach jenen brittischen Colonien gestattet, und sie können, wenn sie den breiten St. Lawrence Strom hinaufsegeln, zu beiden Seiten allerdings manches anbringen, was sich dort mit Vortheil absetzen läßt. Auf Newfoundland braucht die blutarme Bevölkerung nur das Nothwendigste, und das wird ihr gegen Stockfisch von der wahrhaft väterlichen Regierung geliefert; hingegen verdient Nova Scotia (Halifax) die größte Aufmerksamkeit, und gleichfalls die Holzfäller-Häfen an New Brunswick’s Küste. So verheißt allerdings der zwischen Großbritannien und den Hansestädten am 29ten Sept. 1825 abgeschlossene Handelsvertrag dem deutschen Lande wesentliche, wenn auch nicht glänzende Vortheile. Es scheint, als wollten jene beiden großen Seemächte, Großbritannien und die Vereinigten Staaten, überhaupt wetteifernd die deutschen Flaggen merkantilisch begünstigen, um die Scharten auszuwetzen, welche sie sich einander als Repressalie beibringen. Die Vereinigten Staaten belegen die brittischen Manufakturwaaren mit hohen Zöllen, welche noch dazu mit Strenge eingefordert werden, und nur mit größter Schwierigkeit zu umgehen sind – weil Großbritannien ihre Schiffe nicht auf gleichen Fuß mit den englischen setzen will, und lassen nun, um jene Macht zu kränken, deutsche Fabrikate unter billigern Bedingungen zu. Großbritannien verbietet die Zufuhr der amerikanischen Lebensmittel und Holzwaaren nach dem brittischen Westindien, erlaubt sie aber deutschen Schiffen, (so daß selbst schon preussische Schiffe aus Danzig etc. Mehl und Brod direkt nach Barbadoes und Jamaica gebracht haben, welche dort guten Absatz fanden), um jene Colonien von den Vereinigten Staaten in Rücksicht der nothwendigsten Bedürfnisse unabhängig zu machen. Diese Collision wird, so lange sie dauert, Deutschland etwas Gewinn verschaffen. Der Verkehr auf den Brittisch-Westindischen Inseln, wo Caffee, Zucker, Rum etc. als Rückfracht für Lebensmittel, (Manufakturen einzuführen ist nicht erlaubt), so leicht zu haben sind, kann eben so ersprießlich werden, wie sich der Verkehr mit Cuba und Puertorico bereits bewährt hat. Im Verhältniß, wie jene brittischen Inseln, Jamaica, Dominica, Barbadoes, Antigua, Tabago, Trinidad etc. reichlicher Waaren von besserer Qualität liefern, wird dieser Verkehr vortheilhafter, wie der Handel nach dem ganz verarmten Haïti, welches jetzt blos Caffee, Blauholz, Mahagonyholz und (schlechte) Häute liefert, und wo die Schwarzen gar wenige Bedürfnisse haben, abnimmt; selbst Bremen hat die Geschäfte dahin größtentheils aufgegeben, und wenn auch Schiffe nach den Häfen dieser Insel bestimmt werden, so haben doch diese größtentheils eine gewisse andre Bestimmung, wovon weiter unten die Rede seyn wird. Wegen des ungemein starken Zwischenhandels war und ist St. Thomas, wo die dänische Regierung auf das Beste für die Sicherheit des Eigenthums und der Person sorgt, höchst wichtig, auch als Vorschule für den eigentlich westindischen Commerz. Dieser eigentlich westindische Commerz

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_365.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)