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Das Ausland. 1,2.1828


jedoch nicht so leicht zu befürchten war, da der gewaltsame Tod eines solchen Mannes das ganze Land zur Unfruchtbarkeit, und alle, welche ihn herbeiführten, zu einem ewigen Aufenthalt in dem Padalon verdammte. Die Bhats beschützen Niemand; aber einen von ihnen zu tödten oder zu schlagen, würde gleichfalls für ebenso sündhaft und verderblich, wie der gewaltsame Tod eines Charun, angesehen werden. Man sagt, daß sie von ihren reichen Nachbarn entweder durch das Versprechen, ihren Namen berühmt zu machen, oder durch die Drohung, sie mit Schande und Fluch zu beladen, sehr oft Geld erpressen. Ein reicher Kaufmann zu Indore hatte vor einigen Jahren einen Streit mit einem von ihnen. Dieser machte ein Bild aus Lehm, nannte es nach dem Namen des Kaufmanns, und überschüttete es täglich auf dem Bazar und in verschiedenen Tempeln mit den bittersten Vorwürfen und den furchtbarsten Flüchen. Der Kaufmann, obgleich ein Mann von großer Macht und bedeutendem Einfluß bei Hofe, bekam die Weisung, ihn auf irgend eine Weise zum Stillschweigen zu vermögen. Er weigerte sich, und der Unfug dauerte mehrere Monate fort, bis einige Freunde des Kaufmanns eine Summe zusammenlegten, und den Bhat aufs demüthigste baten, sie anzunehmen. „Ach, warum hat man dieß,“ war seine Antwort, „nicht schon früher gethan? Hätte man mir zu gehöriger Zeit ein Sühnopfer dargebracht, so wäre es Eurem Freunde noch gut ergangen. Nun aber habe ich, wenn ich auch hinfort schweige, schon zu viel wider ihn gesprochen, und wann wären die Verwünschungen eines Barden, so lange fortgesetzt, nicht in Erfüllung gegangen?“ Der Zufall wollte, daß den Kaufmann ernstliche Unglücksfälle trafen, so daß der Glaube des Volks an die Macht dieser Sänger mehr denn je bekräftigt wurde.

Der Bischof traf im Verlaufe seiner Reise mit dem Raiput Rajah von Bunaira zusammen. – „Er war kostbar gekleidet, mit einem schimmernden Turban, einen Schild über den Rücken tragend, ein zierliches Schwert und einen Dolch im Gürtel. Sein Pferd wurde von zwei ziemlich gut gekleideten Stallknechten geführt; der Anzug der Träger der silbernen Stäbe und Fahnen, und der andern Diener war nicht im besten Stande, und sein eigener Stab wurde von einem nackten, etwa vierzehnjährigen Knaben getragen. Er war ein ältlicher Mann und hatte schon viele Zähne verloren, was sehr schwer machte, ihn zu verstehen. Dieß scheint in Indien ungewöhnlich; allein die rothen Augen und die eingefallenen Wangen des Rajah bewiesen, daß er ein Freund von dem Opium war. - Es ist bekanntlich in diesem Welttheil Sitte, daß Personen von sehr hohem Range einzig durch das Medium eines vertrauten Dieners Unterredung pflegen, und ich machte mit Freude Gebrauch von dieser Etikette, und bediente mich des Dak Jemautdar, dessen Hindustanisch ich sehr gut verstand, als Kanals meiner Unterhaltung mit dem mummelnden alten Raiput. Diese Procedur war äußerst possirlich. „Sage dem Rajah Sahib, daß ich mich glücklich schätze, mit ihm zusammen zu treffen, und hoffe, daß er bei guter Gesundheit ist.“ „Der gebietende Rajah Sahib geruht, vieles Vergnügen an Eurer Begegnung zu finden, und hofft gleichfalls, daß Ihr bei guter Gesundheit seyd.“ - „Sagt dem gebietenden Sahib, daß ich, Dank seiner Ankunft und Fürsorge, bei recht guter Gesundheit bin, und daß ich ihm Gleiches wünsche.“ - Antwort: - „Der Rajah Sahib erwiedert, daß er sich sehr wohl befinde.“ Auf diese Weise unterhielten wir uns auf unserm Wege nach Bungalow über verschiedene Gegenstände.“

Gleich darauf wird eine eigene Art von Fischerei beschrieben:

„Die Fische befinden sich in einem großen Teiche dicht in der Nähe des Flusses Bunaß. Der Teich erstreckt sich zur Regenzeit über achtzig Acres und empfängt seinen Zufluß aus dem Bunaß. Meist behält er auch das ganze Jahr hindurch Wasser; bei der damals ungewöhnlichen Witterung aber stand er schon sehr niedrig, und war, wie man berechnete, im nächsten Monat völlig ausgetrocknet. Demnach waren alle Hände beschäftigt, die Fische, während sie noch am Leben waren, abzufangen; und in dieser Absicht oder zum Kaufe derselben war die ganze Umgegend versammelt. Capitän Gerard, ein Ingenieuroffizier, den ich hier traf, ging, die Jagd mit anzusehen, und erzählte, sie sey äußerst interessant gewesen. Die Fische wurden in dem seichten schlammigen Wasser mit Händen, Stöcken und Speeren nach allen Richtungen hin verfolgte; es wurde aber wenig ausgerichtet, bis vier Bhils, im Dienste der Udeypurer Regierung, auf dem Platze erschienen. Da wurde denn der Pöbel weggetrieben, und diese Wilden brachten mit ihren Bogen und Pfeilen in wenig Stunden eine totale Niederlage unter den Fischen hervor, indem sie stets den größten aussuchten und mit solcher Sicherheit anschossen, als ob es unter eine Heerde von Schafen ginge. Ihre Bogen waren aus gespaltenem Bambus, sehr einfach gemacht, aber wie mir schien, stärker und elastischer als selbst die aus Büffelhorn, deren man sich gewöhnlich in Hindustan bedient. Sie waren ungefähr vier Fuß, sechs Zoll lang, und wie die europäischen geformt. Die Pfeile waren gleichfalls von Bambus, mit einer plump gearbeiteten, eisernen Spitze und einem langen, einfachen Widerhacken versehen. Die Spitze war so eingerichtet, daß sie vom Schafte abbrach, sobald der Fisch getroffen war, aber durch eine lange Schnur, wie eine Harpune, mit ihm verbunden blieb. Der Schaft schwamm über dem Wasser und diente nicht allein dazu, das Thier zu ermüden, sondern zeigte seinem Verfolger auch die Richtung, in welcher es floh, wodurch er sich seiner bemächtigen konnte.“

Capitän Gerard, den Bischof Heber zu Bhilwara traf, war, des letztern Beschreibung nach, ein äußerst bescheidener Mann, von großer Einsicht und Erfahrung, und hatte großen Antheil an der Messung und Untersuchung des Himalayagebirgs; er war in Ladack, und zu wiederholten Malen über der Grenze von China gewesen, wurde aber jedesmal, nachdem er ein paar Meilen vorgedrungen, durch tatarische Reiter zurückgetrieben. Er selbst hatte auf dem Himalaya eine Höhe von 19‚600 Fuß erreicht, d.h. 100 Fuß höher als Humboldt auf den Anden, und der letztere Theil dieser Gebirgsreise ging ungefähr zwei (englische)

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_412.jpg&oldid=- (Version vom 21.1.2023)