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Das Ausland. 1,2.1828


aller Art beladene Kameele nach Schumla und nachdem dieses drei Wochen vergeblich eingeschlossen war, zog der größte Theil des russischen Heers am 18 zur Belagerung von Rustschuk; nur ein Beobachtungskorps blieb bei Tschesmelá auf der Straße nach Silistria stehen, das aber, ungeachtet seines Siege am 2 Aug., nach eingetretenem Mangel der Lebensbedürfnisse, auf Aflotar zurückging.

Bei Rustschuk hatte General Saß noch immer keine vollständige Einschließung bewirkt. Auch begann er den Angriff am 1 Juli fehlerhaft gegen die stärkere Seite des Platzes und in zu großer Entfernung von demselben. Nach zwanzig Tagen waren die äußersten Annäherungswerke noch zweihundert Schritt vom Graben des Platzes entfernt. Nichts desto weniger wagte General Saß am 21 einen Sturm, bei welchem er 900 Mann verlor.

Durch die Verstärkung, welche der russische Oberfeldherr so eben herbeigeführt, war die Belagerungsarmee nunmehr auf 20,000 Mann gebracht worden. Die türkische Besatzung bestand mindestens aus 10,000 Mann; der Platz, von hohen starken Mauern oder von Erdwällen umgeben, schloß größtentheils abgesonderte Häuser in sich. Auch einige ansehnliche Gebäude, viele Moscheen und ein festes Schloß konnten für den fanatischen Muselmann, welcher aus seiner Wohnung eine Citadelle macht, zu festen Haltungspunkten dienen. Der Befehlshaber eines Orts, wenn er kapitulirt, findet weder gütige noch billige Richter: denn die hohe Pforte pflegt das Ungeschick wie das Mißgeschick zu strafen. Nimmt man noch in Betracht, daß kein Türke zu Felde zieht, ohne sich mit dem größten Luxus auszurüsten, so ist, da jeder Befehlshaber für sein Leben und seine Schätze ficht, die Hartnäckigkeit ihrer Städtevertheidigung begreiflich.

Indessen war doch ein großer Theil der russischen Armee in Bezug auf den bevorstehenden Sturm von frohen Hoffnungen beseelt, und am Tage vor dem Sturm, am 2 Aug., beritt Graf Kaminsky das Lager und mahnte zur Besonnenheit und Ordnung. Morgens um vier Uhr begann der Sturm in fünf Kolonnen. Einige derselben drangen wirklich mittelst Leitern in die Stadt. Aber weislich hatte Bosniak Aga seine Kräfte für den entscheidenden Moment gespart. Theils hinter dem Wall in Massen, theils einzeln versteckt, lauerten die Türken und widerstanden dem Angriff. Unberührt wehten die Feldzeichen von den Zinnen, und um sieben Uhr zogen sich die Stürmenden zurück. Sie hatten 8,000 Mann, worunter General Graf Sievers mit 334 Offizieren, verloren.

Während dieser Ereignisse sammelte sich eine türkische Macht an der Jantra. Bei Operationen wählen die Türken auf der Linie ihres Zugs einen vortheilhaften Posten, verschanzen sich und erwarten den Angriff. Erfolgt dieser nicht, dann rücken sie wieder vor und verschanzen sich aufs neue. So hatten sie sich dem Dorfe Battin, vier Meilen oberhalb Rustschuk genähert. Ihr Lager auf den Höhen vorwärts Battin, eine eng verbundene Masse von Verschanzungen, gliech einer Festung. [1]

Nach einem mißlungenen Angriff am 28 Aug. brachen die Russen, 19,000 Mann stark, mit 62 Kanonen, gegen Battin auf; die Türken zählten, seit Muktar Pascha mit seinen Albaniern zu ihnen gestoßen war, 30,000 Streiter. Morgens sieben Uhr begann der Angriff. Während die Kolonne des Generals Kulnef die feindlichen Verschanzungen auf ihrem rechten Flügel umgieng, sie in Rücken nahm und die entgegengekommene Reiterei warf, rückte der Oberfeldherr mit Vierecken des Fußvolks und mit 30 Kanonen gerade auf den rechten Flügel der Verschanzungen los und ließ die Kanonade eröffnen. Der Feind antwortete ebenso lebhaft mit Geschütz und hatte nicht nur die Brustwehr, sondern auch den Graben seiner Werke mit Truppen besetzt. Gleichzeitig mit dem Angriff des Oberfeldherrn war jener seines ältern Bruders auf dem linken Flügel erfolgt. Drei kleinere Verschanzungen auf dem Abhang gegen die Donau hatte er im Sturm genommen, aber eine der größern war unbezwingbar. Kulnefs Abtheilung nützte indessen den errungenen Vortheil ihrer Stellung. Sie griff einen Reiterschwarm im Donauthal an und trieb ihn in die Flucht. Dagegen mißlang ihr Angriff auf eines der zwei noch uneroberten Lager; bereits eingedrungen wurde sie durch die Türken zurückgeworfen.

So trat in der vierten Nachmittagsstunde bei dem russischen Heere ein plötzlicher Stillstand ein, welchen einzelne Türken zu Wagnissen nützten. Da befahl der Oberfeldherr um halb sechs Uhr einen allgemeinen Sturm. Die Rückseite, vom Ansehen nach die stärkste, wurde zum Hauptangriffspunkt, wo das Lager erstiegen werden sollte, gewählt. General Sabanejew führte vier Kolonnen die steilen Höhen von Battin gegen das große Lager hinauf; zwei andere Kolonnen vom äußersten rechten Flügel setzten sich gegen das kleinere Lager in Bewegung und ein wohlunterhaltenes Kanonenfeuer unterstützte das Gefecht. Vor dem kleinen Lager wurde der Sturm abgeschlagen; das größere aber von Sabanejew erobert und der Sohn Ali’s von Janina mit seinen Albaniern in die Flucht getrieben. Zwei Reiterregimenter folgten den Fliehenden und ließen vom Fußvolk fast gar nichts entrinnen. Der Tag neigte sich seinem Ende und noch war ein Lager zu nehmen. Man beschloß dasselbe am folgenden Tag bloß durch Geschütze zur Uebergabe zu zwingen. Aber noch ehe der Morgen anbrach, gab Achmet Pascha sich und 4,000 Türken zu Gefangenen. Die Beute der Sieger war groß; jede Lagerhütte enthielt Ueberfluß an Proviant, Kleidern, Waffen und Saumthieren. Auch eine Heerde von Kameelen blieb zurück. Sie eroberten 14 Kanonen, 178 Fahnen (jeder selbst unbedeutende Haufe des türkische Kriegsvolks führt nehmlich eine Fahne als Feldzeichen), einen Theil der Flottille und verloren nur 1,500 Mann, während die Türken ihren Seraskier, Kuschang-Ali mit 10,000 Streitern auf der Wahlstatt ließen.

(Forts. f.)

Der religiöse Zwiespalt unter den Armeniern.


(Fortsetzung)


Die Einheit der Natur in Christo, der Monophysitismus oder Eutychianismus siegte auf der Räubersynode zu Ephesus (449), wenn auch nicht durch die Macht des heiligen Geistes so doch durch die überzeugende Macht der Schläge, - denn der Hauptgegner des Eutyches, der Bischof Flavianus


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 402. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_420.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)
  1. In der Offensive behandeln sie feindliche Lager nicht selten als wirkliche Festungen, indem sie Laufgräben eröffnen.