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Das Ausland. 1,2.1828


aus Constantinopel ward so mißhandelt, daß er drei Tage darauf seinen Geist aufgeben mußte. Die sogenannte orthodoxe Partei war aber jetzt thätiger als jemals; zwei Jahre nach der schmachvollen Winkelsynode zu Ephesus (451) ward eine große ökumenische Versammlung nach Chalcedon ausgeschrieben, und man war lediglich darauf bedacht, alles niederzureißen, was zu Ephesus auferbaut worden war. Die heilige Versammlung erkannte in der fünften Sitzung „Maria als die Gottesgebärerin,“ sie erkannte einen und denselben Christum, in zwei Naturen, ohne Vermischung (ἀσυνχύτως), ohne Trennung (ἀτρέπτως) und ohne Absonderung (ἀχωρίςως)“ – legte aber auch dadurch den Grund zu der bis auf den heutigen Tag noch fortdauernden Spaltung der abendländischen und morgenländischen Kirche.

Wenn wir jetzt, mit Uebergehen der andern orientalischen Kirchen, zur Geschichte der armenischen uns wenden, und den Einfluß zeigen, den diese widerlichen, im Vorhergehenden kurz berührten Streitigkeiten, in diesem Lande Kleinasiens gehabt haben, so müssen wir nothwendig zur frühesten Geschichte des Christenthums in Armenien zurückkehren. Den erleuchteten König Abgan von Edessa, so wie sein schon bei Moses von Chorene sich vorfindendes Schreiben an Jesus Christus, das Wirken der Apostel Bartholomäus und Thomas im Orient im Allgemeinen wie in den armenischen Landen im Besondern müssen wir den Legenden und den Sammlern erbaulicher Heiligengeschichten überlassen; erst mit Gregorius Illuminator (armenisch Lusaworitsch genannt), dem Sohne des parthischen Fürsten Anac, beginnt, in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts, das historische Christenthum in Armenien. Die einfache Thatsache, die Einführung des Christenthums durch den trefflichen Dulder Gregorius, ist, nach jeder vernünftigen Kritik, über allen Zweifel erhaben; nicht so die erbaulichen Umstände und die erschrecklichen Wunder, nicht so die heiligen Reden und dogmatischen Homilien, die der Zeitgenosse Agathangelos, ein Römer von Geburt und Geheimschreiber des Königs Terdat, von dem Wundermanne Gregorius berichtet. Doppelt schätzbar ist das Leben des heiligen Gregorius, das wir in einem armenischen Druck (Constantinopel 1709. 4,) vor uns liegen haben, sowohl wegen seiner Notizen über den Untergang der Partherherrschaft, als auch darum weil dieses Werk an der Spitze der reichhaltigen armenischen Literatur steht; doch müssen wird zur Steuer der Wahrheit bekennen, daß, wovon wir auch bei andern Werken Beispiele haben, im Laufe der Jahrhunderte der ächte Agathangelos höchst wahrscheinlich mit Vorsatz verfälscht wurde. In der alten Hauptstadt Armeniens Wagharschabad, in den heidnischen Zeiten die Stadt der Diana genannt (armenisch Ardimet Kachak) versammelte Gregorius in dem Jahre 325 unserer Zeitrechnung die wenigen Bischöfe und Geistlichen des Landes zu einer Provinzial-Synode, woselbst die Beschlüsse des ökumenischen Conciliums von Nicäa ohne alle Clausel, ohne irgend einen Widerspruch angenommen wurden.

Diese erste Provincial-Synode unter dem ersten Patriarchen Gregorius genießt noch heutigen Tags bei der ganzen Nation, sowohl bei den schismatischen als den unirten Armeniern eines außerordentlichen Ansehens: – „wir wollen fest auf diesen Glauben unserer Väter, auf die Lehre des heiligen Gregorius Lusaworitsch halten,“ ist die gewöhnliche Antwort der monophysitischen Armenier, wenn man sie zur katholischen Kirche bekehren will. Es folgten unter den Söhnen und Verwandten des heiligen Gregorius im Laufe des vierten und im Anfang des fünften Jahrhunderts (in den Jahren 365. 366. 402. 426.), theils zu Warschabad theils zu Adschdidschad, vier Synoden, die für die Stellung der armenischen Kirche zum Abendlande von keiner Bedeutung sind. Bei diesen Versammlungen beschäftigte man sich ausschließend mit den innern Angelegenheiten, wie mit Anordnungen über die Priesterkleidung und die verschiedenen Kirchenfeste; auch berathschlagte man über die Erfindung oder Zusammensetzung eines eigenthümlichen armenischen Alphabets, „indem die griechischen, persischen und syrischen Buchstaben, deren man sich bis jetzt bedient hatte, zur Bezeichnung vieler ganz abweichenden Laute der armenischen Sprache nicht ausreichen, und dadurch die Uebersetzung der heiligen Schriften in’s Armenische unmöglich gemacht werde.“ Auf der dritten Synode (im Jahre 402) unter dem Patriarchen Nierses dem Großen ward die wichtige Bestimmung getroffen, daß künftighin die armenischen Patriarchen von dem erzbischöflichen Stuhl zu Cäsarea unabhängig seyn, und Katholiki (kathuchikos) genannt werden sollen. Schon vor oder während der Synode von Ephesus scheinen Mißhelligkeiten zwischen der armenischen und griechischen Kirche entstanden zu seyn. Da Isaac der Große und Miesrop, schreibt der gleichzeitige armenische Historiker Moses von Chorene (III. 61.), diesem Concilium (von Ephesus) nicht beigewohnt hatten, sendeten ihnen Cyrillus aus Alexandrien, Proclus aus Constantinopel und der Bischof Acacius aus Melitene Schreiben, damit sie sich wohl hüten mögen; den wir hörten, sagten sie, daß einige Ketzerschüler mit den Büchern des Theodorus aus Samosate, des Lehrers des Nestorius, so wie andere, mit denen ihres Meisters Deodorus nach den armenischen Landen auswanderten [1] Doch scheinen diese Ketzer sich anfänglich keines besondern Beifalls in Armenien erfreut zu haben; denn kaum erhielten der Patriarch Isaac und Miesrop die Beschlüsse und Kanones der ersten Synode von Ephesus, so veranstalteten sie eine Versammlung in der Stadt Adschdidschad in der Provinz Taron (im Jahre 432), billigten und nahmen alles unbedingt an, was die heiligen Väter zu Ephesus beschlossen hatten, und verfluchten Nestorius sammt seinem ketzerischen Anhang.

(Forts. folgt.)

Des Bischof Heber’s Reisen durch das nördliche Indien.


(Fortsetzung.)

Unter den eingebornen Fürsten Mittelindiens nimmt der Ranah von Udeypur, eine sehr bedeutende Stelle ein.

Er beherrscht ein sehr ausgedehntes und, wenn das Volk es bebauen wollte, äußerste fruchtbares Land, wurde aber von Bapu Sindia und Jumschid Khan gänzlich ruinirt und zum Bettler gemacht. Wenigstens die Hälfte


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_421.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2023)
  1. Bekanntlich hat sich das Schreiben des Patriarchen Proklus bis auf heutigen Tag erhalten.