Seite:Das Ausland (1828) 424.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828


und den Quellen des Akbouta, richtet sich von da südlich gegen den großen See Baikhasch, den sie durchschneidet, geht weiter südwärts fort zu den Seen Alaktougoul und Alakoul, wendet sich nach Norden gegen den Saisan und endet sich nordöstlich, Boukhtarminsk gegenüber, auf dem linken Ufer des Irtisch, der früher die Grenze zwischen Sibirien und dem Lande der Kirgisen machte.

Außer den Redouten, die längs dieser Grenzlinie angelegt sind, hat Rußland auch drei Forts mitten in dem Umfang dieses neu erworbenen Gebietes erbaut. Diese sind: Alexandrovskaya an der Noura, Sanct Nicolas im Norden des Sees Karaya, und Sanct Constantin am Fuß des Berges Yakhschi-yanghis. Diese Forts beschützen die reichen Kupfer- und Bleiminen, die man in diesen Gegenden zu bearbeiten angefangen hat: die von Anninskoi und Sanct Constantin in der Nähe des Sees Airto, von Gourievskoi am Ufer des Irtschim, von Baganou und Araktscheevskoi am Tersekan, die von Mysto und Alexandrovskoi in dem Ouloutogebirge, die von Kart und Blagodatay an der Noura, die von Mikhailovskoi, Netschayannost, Marinskoi, Wolkonskoi und Jelisaretinskoi in dem Gebirge, in welchem die Flüsse entspringen, welche den Yer-yakhschi bilden, und endlich die Kupferbergwerke in dem Ken-koslan Gebirge und die von Kambau, die sich in geringer Entfernung, S. W. von dem Fort Yamytschevskaya am Irtisch befinden.

Durch diese neue Ausdehnung ist die russische Grenze gegenwärtig nicht weiter als 280 Stunden von Atak am Indus und eine viel geringere Strecke von Bokhara entfernt.

Ein Theil der Kirgisen-Horden, die durch diese Grenzerweiterung in das russische Gebiet eingeschlossen worden sind, hing früher von China ab: d. h. die Kirgisen sandten alle drei Jahre nach Peking Geschenke, welche die chinesische Regierung mit andern erwiederte, die hundertmal mehr werth waren. Aber sie waren unruhige und unbequeme Nachbarn und es ist wahrscheinlich, daß die Chinesen ohne Schwierigkeit eingewilligt haben, sie den Russen unterworfen zu sehen, die sie leicht ın Gehorsam zu erhalten wissen werden.

Daß die Russen hier nicht stehen zu bleiben gesonnen sind, läßt sich voraussetzen. Die Leichtigkeit, mit der sie diesen Theil des Kirgisenlandes erworben haben, wird sie anreizen, sich des Ganzen bis an die Grenzen von Bokhara zu bemächtigen und sie können dies um so leichter, da Eroberungen dieser Art den europäischen Mächten fast immer unbekannt bleiben und niemals von ihnen bestritten werden.

Wenn die Russen sich einmal im Land der Kirgisen festgesetzt haben, das keinesweges eine bloße trockene Steppe ist, wie man sich dasselbe gewöhnlich vorstellt, sondern auch fruchtbares Land und Waideplätze, dicke Wälder und Gebirge einschließt, so können sie Militär-Colonien dahin senden, in der Nähe der Kupferbergwerke Stückgießereien anlegen und die gesammte militärische Ausrüstung für einen Feldzug vorbereiten; ihre Cavallerie können sie durch die vortrefflichen Pferde von Mittelasien completiren, zu deren Ankauf die englische Regierung von Ostindien den verstorbenen Moorcroft absandte. Sie können Straßen und Communicationswege anlegen und in wenigen Jahren sich zu weiteren Eroberungen vorbereiten; und wahrscheinlich werden sie mit Kokan, Bokhara und andern kleinen Khanaten, welche Rußland von Persien und Indien trennen, den Anfang machen.



Der Türkenkrieg

(Fortsetzung.)


Von dem Battiner Schlachtfelde begab sich die siegreiche Armee zur Belagerung Rustschuks zurück. Durch die russische Flotille und die Erbauung eines Brückenkopfs auf dem linken Ufer der Donau wurde die bis dahin ununterbrochene Gemeinschaft zwischen Rustschuk und dem gegenüber liegenden Giurgevo gehemmt. Letzterer Platz wurde zur Uebergabe aufgefordert: „Giurgevo schwimmt noch nicht im Blute,“ erwiederte der kommandirende Pascha. Dagegen machte Bosniak Aga einen Schritt zur Näherung, welche jedoch der Sieger von Battin mit Stolz zurückstieß. Weit entfernt, schimpfliche Bedingungen einzugehen, war Bosniak nunmehr entschlossen , das Aeußerste zu wagen.

Das Blatt wendete sich: die Reihe, Vorschläge zu machen, kam an den russischen Oberfeldherrn selbst. Nachrichten aus dem westlichen und nördlichen Europa ließen ihn glauben, daß er den Frieden auf dieser Grenze seines Vaterlandes beschleunigen müsse, und so ließ er ungesäumt


10. Ihre Majestäten von Rußland und Frankreich werden versuchen, zu einem Arrangement zu kommen, daß in Zukunft keiner-Macht erlaubt seyn soll, Schiffe in die See gehen zu lassen, außer wenn sie eine gewisse Anzahl von Kriegsschiffen unterhält.

Wie wenig es indessen Napoleon mit jenen Concessionen Ernst war, ersieht man aus Histoire de Napoléon par Monsieur de Norvins. Tom. III, p. I. (Par. 1828.) In der Botschaft, durch die Napoleon am 29 Januar 1807 dem Senat von dem Bündnisse mit dem Hause Sachsen Nachricht gab, finden sich folgende Worte, die dem Gegenstande der Mittheilung ziemlich fremd zu seyn scheinen: „Wer könnte die Dauer der Kriege, die Zahl der Feldzüge berechnen, die es eines Tages kosten würde, um die unglücklichen Folgen wieder gut zu machen, die aus dem Untergange des Thrones von Constantinopel hervorgehen würden, wenn feige Friedensliebe und das Verlangen nach den Vergnügungen der Hauptstadt die Rathschläge einer weisen Vorsicht zurückdrängten? Wir würden unsern Enkeln eine unermeßlihe Erbschaft von Elend und Unglück hinterlassen. Wenn die griechische Tiara einmal siegreich vom baltischen Meere bis zum Mittelmeere erhoben ist, so werden wir bald unsere Provinzen durch Schaaren von Fanatikern und Barbaren angefallen sehen, und wenn in diesem zulange verschobenen Kampfe das civilisirte Europa erliegen sollte, so würde unsere strafbare Gleichgültigkeit mit Recht den Unwillen der Nachwelt erregen und für immer ein Schmachfleck in unserer Geschichte seyn."


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 406. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_424.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2023)