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Das Ausland. 1,2.1828

wurde er um 500 Dollars gestraft, weil er jenen hätte gefangen nehmen und nach Durango bringen sollen, wo er nach ein paar Tagen Einkerkerung wieder in die weite Welt gesteuert hätte.“

Von San Luis reiste Capitän Lyon nach dem Dorfe Veta Grande, in der Nähe von Zacatecas, wo sich einige Bergwerke befinden. Seine Beschreibung eines Festtags gibt uns ein treffliche Gemälde von den ländlichen Feierlichkeiten in Mexico. „An dem ersten Festtag schien das Dorf Veta Grande wie durch einen Zauber umgewandelt, und von ganz andern Leuten bevölkert, als die Woche hindurch daselbst figurirt hatten. Feine Shawls, glänzende Feierkleider, seidene Strümpfe, weiße Satinschuhe schienen gleich eben so vielen Meteoren zwischen den Lehmhütten hervor. Am Abend bekam ich eine Einladung, eine Vorstellung von Maromeros, oder Seiltänzern, in Gesellschaft zweier Mädchen, Schwestern eines gewissen Don Jesus, zu besuchen, der einen kleinen Kramladen hielt, und eine der Hauptpersonen im Städtchen war. Es war eine schöne mondhelle Nacht; wir gingen nach einem kleinen Amphitheater aus Lehm, in welchem gewöhnlich Hahnenkämpfe gehalten wurden, und fanden dort ein Seil straff aufgespannt und eine zahlreiche bunte Menge versammelt. Das Theater war gegen den hellen Sternenhimmel offen und erleuchtet durch vier Feuer von Zitronenholz, über eiserne Stäbe gelegt, die auf den Gipfeln hoher Stangen befestigt waren. Die ganze Scene war für mich völlig neu und imposant; die Bergleute und die Dorfbewohner lagen gemächlich auf ihren Erdsitzen ausgestreckt, in ihre buntgestreiften Mäntel gehüllt, indeß fünf Soldaten von der „Milicia“ um die Menge herum auf und nieder gingen, und Ordnung hielten. Die Donnas versahen uns reichlich mit Cigarren, die auch sie beständig rauchten; wogegen wir ihnen für die Momente, wo sie mit dem Rauchen aussetzten, Zuckerbohnen und süße Kuchen kauften. Die Kunststücke wurden ziemlich gut gegeben, nur schien eine alte, sehr beleibte Frau, die prächtig gekleidet war, in großer Besorgniß zu seyn, sie möchte vom Seile fallen. Ein Knabe von etwa zwölf Jahren überraschte uns durch seine Behendigkeit, und die Manchfaltigkeit in Stellung und Drehung, worin er alle übertraf, die ich jemals in Europa gesehen hatte. Die Gaukler hatten einen Hanswurst bei sich, der durch sein angeschwärztes Gesicht und seine Späße den Anwesenden viel Vergnügen machte. Die Vorstellungen wurden mit einem Lustspiel beschlossen, das vor einem zerlumpten Segeltuch aufgeführt wurde.“

Ueber die nicht unwichtige Stadt Zacatecas macht Lyon folgende Bemerkungen:

„Die Stadt Zacatecas gewährt dem Reisenden von Norden her einen interessanten, reizenden Anblick. Sie liegt in einem Becken, an dem Fuß eines pittoresken, anmuthigen Berges, Bufa genannt. Der Eingang in die Vorstädte geht durch ein über Kies laufendes Wasser, an welchem Gruppen von Weibern ihre Leinwand wuschen. Wir machten Sr. Excellenz dem General Lobado, vor kurzem noch respectablem Schuster in Zalapa, nunmehrigen Oberfeldherrn des freien und souveränen Staates [1]“ Zacatecas, unsern Anstandsbesuch. Er war unwohl und auf sein Zimmer gesprochen. Wir wurden somit von seiner Gemahlin und seiner Schwägerin empfangen. Erstere war eine kleine, schwatzhafte Frau, die über Bergleute und Bergwerke höchst unverständig sprach; letztere war groß, schmutzig und nur halb angekleidet, und hatte einen schwarzen Bart nebst nußbraunen Zähnen. Die beiden Frauenzimmer saßen in einem Winkel beisammen und schmauchten; der mit Ziegelsteinen ausgelegte Boden, auf welchem eine ungeheure Hündin mit ihren Jungen lag, war überdeckt mit abgebrannten Cigarren und Tabacksasche, mit Kohl und Salatblättern, die aus fünf Vogelkäfigen, welche in der Mitte des Zimmers hingen, abgefallen waren. - Zwei ungeschorne unbarbirte Cavaliers machten dem General ihre Morgenkomplimente, und die ganze Scene war von der Art, daß ich mit keiner günstigen Meinung von der feinen Welt in Zacatecas schied. Wir machten noch weitere Besuche bei ein paar andern Familien von Auszeichnung, wo unsere Erwartung eben so wenig befriedigt wurde. – Es thut mir leid, daß ich nicht viel Günstiges über Zacatecas zu sagen weiß. Es war, glaube ich, einstmals die Hauptstadt einer mächtigen Nation (der Zapotecas), die nach der Eroberung Mexico’s von den dazu abgeschickten Truppen des Cortez nur mit vieler Schwierigkeit unterjocht wurde. Ich gestehe, ich hatte gegen die Eingebornen wie gegen die Stadt selbst einigen Widerwillen und ging blos fünf oder sechs Mal in Geschäften dahin; drei mal zog ich in so weit die Aufmerksamkeit des Publikums auf mich, daß ich unter dem Geschrei „Jude! Jude!“ die Stadt verlassen mußte; einmal hatte ich die Ehre, mit Steinen geworfen zu werden. Die hier herrschende Vertrautheit mit dem Dolche mag dem Fremden schon hinlänglich die Lust vertreiben, diese Stadt zu besuchen. Das Morden ist ein zu geringes Vergehen, als daß es Strafe verdiente – im Monat Mai wurden 21 Meuchelmorde verübt, ohne daß auch nur Eine Person vor Gericht gestellt worden wäre.“

(Fortsetzung folgt.)




Schwedische Volkslieder.




(Fortsetzung.)

 7.
      Der Knab’ im Rosenhain.

Wo bist du gewesen so lange,
Du Knab’ im Rosenhain?
Ich bin gewesen im Stalle,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Wovon ist dein Kleid so blutig,
Du Knab’ im Rosenhain?
Weißes Füllen schlug mich,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 435. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_453.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2023)
  1. Estado libro y soberano.