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Das Ausland. 1,2.1828

Wovon ist dein Hemde so blutig,
Du Knab’ im Rosenhain?
Ich habe getödtet meinen Bruder,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Wohin willst jetzt du wandern,
Du Knab’ im Rosenhain?
Will ziehen aus dem Lande,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Wann kommst du dann zurücke,
Du Knab’ im Rosenhain?
Wann der Rabe bleichet,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Und wann bleicht der Rabe,
Du Knab’ im Rosenhain?
Wann der Felsblock schwimmet
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.



 8.
      Der Kleinen Testament.

Wo bist du gewesen so lange,
Tochter, Kindlein klein?
Bin gewesen bei meiner Amme,
Lieb Stiefmütterlein.
Ach, Gott, ach! Weh thut es mir – Weh!

Was gab sie dir zu essen,
Tochter, Kindlein klein?
Zwei kleine ranzige Fische,,
Lieb Stiefmütterlein etc. [1]

Was thatest du mit den Gräten,
Tochter, Kindlein klein?
Ich gab sie dem kleinen Hunde.

Was wünschest du deinem Vater,
Tochter, Kindlein klein?
Himmels-Freudensaale.

Was wünschest du deiner Mutter,
Tochter, Kindlein klein?
Himmels Freudengüter.

Was wünschest du deinem Bruder,
Tochter, Kindlein klein?
Schnelles Schiff und Ruder.

Was wünschest du deiner Schwester.
Tochter, Kindlein klein?
Goldschreine, die besten.

Was wünschest du der Stiefmutter,
Tochter, Kindlein klein?
Schwere Qual der Hölle.

Was wünschest du deiner Amme,
Tochter, Kindlein klein?
Heiße Höllenflamme.

Zeit ist mir nicht übrig
Zu sprechen mehr mit dir
Denn des Himmels Glocken
Die läuten schon nach mir.
Ach, Gott, ach! Weh thut es mir – weh!



 9.
     Wunderbare Erscheinung.

Was nimmer ich sah, hab gesehen ich jetzt,
Daß ein Felsblock schwimmt und ein Mann darauf sitzt –
     Gott findet man wohl zu Zeiten.

Ich bin kein Mann, nein du irrest dich sehr,
Bin ein Engel und kömme vom Himmel hieher.
     Gott findet etc. [2]

Und kommst du, ein Engel, vom Himmel hieher,
So sage: Wie geht im Himmel es her?

Im Himmel da ruhet und freut sich die Brust;
Wohl dem, der da wohnt in der himmlichen Lust.

Die Wittib da sitzt, der verwaisete Sohn,
Sie sitzen im Himmel, die Engel zum Lohn.

Da sitzt, wem hienieden ward Kummer zum Loos;
Sie sitzen im Himmel in Abrahams Schoos.

Und kommst du, ein Engel, vom Himmel hieher,
So sage, wie geht’s in der Hölle denn her?

Da sitzet der Sohn, der den Vater verjagt,
Er sitzt in der Höll’ und Entsetzen ihn plagt.

Die Tochter da sitzt, die der Mutter geflucht.
Sie sitzt in der Höll’ und es wird ihr nicht Ruh;

Da sitzt wer der fleischlichen Lust hier gefröhnt,
Schwarz sitzt in der Höll’ er und ächzet und stöhnt,

Da sitzt, wer hienieden verschmähte den Rath;
Er sitzt in der Hölle und bittet um Gnad;

Wohl Gnade empfäht wer dem Fleische gefröhnt,
Nicht Gnade empfäht wer die Eltern verhöhnt.
     Gott findet man wohl zu Zeiten.

  1. Durch alle Strophen.
  2. Durch alle Strophen.


(Fortsetzung folgt.)


Theater in London.

Wenn auch einige unserer deutschen Dramaturgen das Theater, wo möglich, gern in jenen Zustand der Kindheit zurückführen möchten, wo der Mond auf der Bühne durch eine Laterne, ein Brunnen durch eine Gießkanne vorgestellt wurde, und so nach Verhältniß – wie in der vortrefflichen Posse von Pyramo und Thysbe zu schauen ist, – so scheint doch bei weitem die Mehrzahl der Theaterfreunde mehr die Beschränktheit der Mittel, welche eine reichere Ausstattung nicht erlauben will, als die Verschwendung derselben zu bedauern. Diesen muß London als ein wahres Eldorado erscheinen, wenn sie hören, welchen Summen hier im vorigen Jahr allein für die Pantomimen, welche zur Weihnachtszeit dem schaulustigen Publikum zum Besten gegeben wurden, verwandt worden sind. Die Literary-Gazette gibt die Kosten derselben bei den sieben Theatern, welche gewöhnlich den Winter über geöffnet sind, folgendermaßen an:

Coventgarden- Theater 11,000 Pfd. Sterl.
Druryplane      " 11,000      "
Surrey      " 05,500      "
Adelphi      " 02,200      "
Olympisches      " 01,650      "
Sadler’s Wells      " 01,100      "
West London      " 01,100      "
Summe 42,550 Pfd. Sterl.


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_454.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2023)