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Das Ausland. 1,2.1828


zur Untersuchung vorliegenden Gegenstand Aufklärung zu geben. Vorzugsweise beruft man solche Männer, welche Localkenntnisse besitzen, und im Rufe der Redlichkeit und eines gesunden Urtheils stehen. Der Zeuge antwortet auf die zahlreichen Fragen, die an ihn gerichtet werden; Fragen und Antworten werden zu Protocoll gebracht, und gedruckt, so daß diese Sammlung von Thatsachen und Bemerkungen nicht nur zur Grundlage des Berichts der Commission, sondern auch zur Aufklärung des Publikums und der Parlaments-Debatten dient.

In einer solchen Untersuchung z. B. wie die, welche uns vor Augen liegt, handelt es sich darum, die Art und den Grad der Noth zu ermitteln, welche auf den Arbeitern eines gewissen Districts lastet. Man beruft also die Arbeiter selbst, die Vorsteher der Manufacturen, die mit der Vertheilung der Unterstützungen beauftragten Kirchenältesten, die Mitglieder der Wohlthätigkeitsvereine, den Bischof der Diöcese, kurz jeden, den man geeignet glaubt, einen Beitrag zur Aufklärung der wahren Lage der Dinge zu geben.

Handelt es sich darum, zu ermitteln, in welchem Zustande sich die Districte befinden, die in Canada noch nicht cultivirt sind, welche Art von Cultur daselbst die geeignetste sey, welche Gelegenheiten das Land darbiete, um sich die nöthigen Lebensbedürfnisse zu verschaffen, und die Colonialerzeugnisse abzusetzen, so fragt man die Leute, welche die Colonien lange bewohnt haben, welche eine große Zahl von Niederlassungen sich bilden sahen; man fragt die Handelsleute, welche den Colonisten Stoffe und Werkzeuge lieferten, und als Bezahlung die Producte der Colonie empfingen; man fragt die Civil- und Militär-Ingenieurs, die mit der Entwerfung der Charten, der Feststellung der Grenzen etc. beauftragt waren. Die nämlichen Fragen werden an diejenigen gerichtet, welche die Colonien vom Cap der guten Hoffnung, von Neu-Süd-Wallis und Van-Diemens-Land kennen, so daß man eine solche Masse von Aufklärungen erhält, daß jeder unbedachtsamen Maßregel vorgebeugt wird.

Als Probe der Art, wie diese Untersuchungen geführt werden, möge hier eines der Zeugnisse über Canada stehen. Ein ehemaliger Capitän, Tomas Weatherly, wird von dem Präsidenten der Commission, Wilmot Horton, befragt:

„Seit wie lange haben Sie Canada verlassen?“ – In der Mitte des letzten Januars (1827) verließ ich mein Haus in der Gemeinde March, an den Ufern des Ottawa, in Ober-Canada.

„Sind Sie nicht ein Nachbar der im J. 1823 gegründeten Niederlassungen, welche unter dem Namen der Colonien des Herrn Robinson bekannt sind?“ – Ja; auch bin ich häufig durch dieselben gekommen, wenn ich zu den Districts-Sitzungen ging, die im Hauptorte, Perth, gehalten werden.

„Wie lange haben Sie daselbst gewohnt?“ – Gegen acht Jahre.

„Haben Sie sich nicht hie und da mit einer häufig aufgeworfenen Frage beschäftigt, nämlich ob es einem Colonisten möglich wäre, das Geld, das ihm vorgeschossen würde, um sich daselbst niederzulassen und einzurichten, sammt Interessen wieder zurückzubezahlen? Wenn z. B. ein Mann, eine Frau, und die Kinder 100 Pfd. Sterl. nöthig hätten, um sich auf einem Grundstück von hundert Acres niederzulassen, wäre es ihnen da wohl nach sieben Jahren möglich, mit einer jährlichen Zinszahlung von 5 Prozent zu beginnen?“ – Ich zweifle nicht daran.

„Glauben Sie, daß eine solche Familie eben so gut in Geld als in Bodenproducten bezahlen könnte?“ – Vor Ablauf der sieben Jahre, glaube ich, könnte sie in Natura, nachher aber in Geld bezahlen.

„Urtheilen Sie bei diesen Ihren Antworten nach Ihren eignen Beobachtungen, und berücksichtigen Sie dabei die geringen Mittel, die den Personen, um die es sich hier handelt, zu Gebote stehen?“ – Ich urtheile nach dem, was ich gesehen habe, indem ich stets unter Auswanderern dieser Art lebte, und auch die in den Robinson- und andern Colonien Angesiedelten sah, sowohl zur Zeit ihrer Ankunft, als nach Verfluß von fünf, sechs Jahren, wobei ich mich von der Ausdehnung des von ihnen urbar gemachten Bodens überzeugen konnte, und die Gebäude bemerkte, die sie aufgeführt hatten. Diese Verbesserungen gewährten ihnen in der Regel nach Verfluß von fünf Jahren so viel Ertrag, daß sie die Interessen der erhaltenen Vorschüsse mit Bodenerzeugnissen bezahlen konnten.

„Glauben Sie, daß alle, welche Canada kennen und über diesen Punkt nachgedacht haben, der nämlichen Ansicht, wie Sie, sind?“ – Ich zweifle nicht daran.

„Gibt es in Ober-Canada bedeutende Landstrecken, in welchen der Boden so gut ist, wie in den Robinsons-Colonien?“ – Allerdings, sogar viele noch bessere.

„Sind in den angrenzenden Theilen der Vereinigten Staaten die Arbeiter gesucht?“ – Ja, in diesem Augenblick, wegen der Canäle, die gegraben werden.

„Ist der projectirte Canal zwischen dem Erie-See und dem Ohio vollendet?“ – Noch nicht.

„Haben die Colonisten des Hrn. Robinson sich nach den Vereinigten Staaten gewandt, um dort Arbeit zu suchen?“ – Im verflossenen Monat December traf ich einen derselben, der im Sinne hatte, während der schlechten Jahreszeit bei den Canalarbeiten Beschäftigung zu suchen, aber zu der Arbeit auf seinem Gute zurückkehren wollte, so wie die Jahreszeit es ihm gestatten würde.

„Angenommen, daß ein Colonist nach Verfluß von fünf Jahren mit der Zinszahlung beginnen könnte, wie lange glauben Sie wohl, daß er brauchen würde, um das Capital zurück zu zahlen?“ – Wie mir scheint, zehn Jahre.

„Also fünf Jahre später?“ – Ja.

(Schluß folgt.)

Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_458.jpg&oldid=- (Version vom 2.3.2023)