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Das Ausland. 1,2.1828

die Cultur des Zuckers, der Baumwolle und von Spezereien aller Art geeignet; die Zucht des Seidenwurmes und der Bau des Indigo könnte mit geringer Mühe betrieben werden. Der Boden ist überall äußerst fruchtbar und gibt fast ohne den geringsten Anbau einen unermeßlichen Ertrag. In guten Jahren erhält man mehr als hundertfältige Frucht. In geringer Entfernung von der Stadt und von dem See ist die Luft vollkommen gesund. Merkwürdig ist, daß fast im ganzen Lande das Wasser der Brunnen warm und salzig ist; jedoch gibt es auch einige Quellen von sehr gutem und reinem Wasser, besonders zu Zaduan. Das Vieh in der Umgegend von Tunis will wenig sagen. Das Landvolk, das in der Auswahl seiner Speisen nicht sehr delicat ist, verzehrt eine Menge Ziegen. Wild ist in Ueberfluß vorhanden; aber dieses so wie die Fische des See’s sind eben nicht von der besten Qualität. Die schönen Berberrosse, die früher so berühmt waren, sind verschwunden; selten sieht man in Tunis nur einigermaßen erträgliche Pferde. An die Stelle derselben sind die Cameele getreten, die in der ganzen Barbarei sehr allgemein verbreitet sind, und denen das Clima vollkommen zusagt.

Den Charakter der Mauren kennen zu lernen, bedarf es keines großen Studiums; sie sind unwissend, hochmüthig, betrügerisch, geizig und undankbar. In allen mercantilischen oder politischen Verhältnissen, die ein Maure mit einem Fremden anknüpft, wird er immer diesen zu übervortheilen suchen. Die Ansicht einiger Politiker, daß die Barbaresken durch freundschaftliche und zuvorkommende Behandlung gewonnen werden können, ist eben so falsch, als gefährlich. Nie werden sie aufhören, den Christen mit Haß und Verachtung zu betrachten. Wenn ein Maure jemals einen Ungläubigen mit einiger Achtung behandelt, oder ihm keinen Schaden zufügt, so er das Vermögen dazu besäße, so kann man immer annehmen, daß nicht Gerechtigkeit oder Großmuth, sondern Furcht oder Interesse ihn bestimmen. Bei der ersten Gelegenheit wird der Maure sich seiner Neigung zum Betrug und Raub überlassen, und der Christ kann dann sicher seyn, ihm nicht zu entgehen.

(Schluß folgt.)

Lyon’s Reisen in Mexico.


(Fortsetzung.)

„In Tula wohnten wir der Kirche gegenüber, vor welcher ich am Abend Musik hörte und einen Trupp Leute mit einem jungen Weibe fand, die ein kleines todtes Kind auf dem Kopfe trug, das in farbiges Papier gekleidet und mit einem weißen Handtuch auf ein Brett gebunden war. Rings um die Leiche war eine Fülle von künstlichen Blumen gesteckt; das Gesicht war unbedeckt und die Hände wie zum Gebete zusammengefaltet. Ein Fiedler und ein Guitarrespieler begleiteten den Trupp an die Kirchthür; die Mutter trat ein paar Minuten mit dem Kinde ein, kam aber gleich darauf wieder heraus und begab sich dann, von ihren Freunden begleitet, nach dem Begräbnißplatze. Der Vater folgte mit einem andern Manne, der einen brennenden Span trug und ihm beim Werfen von Schwärmern half, deren er ein großes Bündel unter dem Arme hielt. Bei der ganzen Zeremonie herrschte Frohsinn und Heiterkeit, da nach dem Volksglauben alle Kinder, welche jung sterben, nicht in das Fegefeuer kommen, sondern sogleich angelitos (Engelchen) werden. Nach der Beerdigung folgte, wie man mir sagte, ein Fandango, zum Zeichen der Freude, daß das Kind von der Erde genommen ward. Es ist unstreitig Christenpflicht, sich bei Trübsal in den Willen Gottes zu ergeben; aber ich bin überzeugt, daß wenige Mütter in England mit so freudelächelnder Miene ihr erstes und einziges Kind zu Grabe trügen; und ich stehe für die Männer gut, daß sie nicht vermöchten, Freuderacketen zu werfen, wenn ihr Erstgeborner von hinnen genommen würde.“

Ueber die Guichola-Indianer, (welche in der Umgegend von Bolannos wohnen) bemerkt Lyon folgendes:

„In der Gesichtsbildung, den Zügen, Haaren und Augen fand ich eine große Aehnlichkeit zwischen diesen Indianern und den Esqimaux; nur sind diese etwas kleiner und beleibter. Nüchtern sollen sie ein sehr friedfertiges harmloses Völkchen seyn, betrunken aber in völlige Raserei gerathen, wo denn ihre Händel sehr blutig werden. Ich weiß nicht, was unsre schönen Leserinnen dazu sagen werden, daß es bei diesen Indianern Sitte ist, daß der Mann das Weib seiner Wünsche auf die Probe nimmt. Wenn sie ihm nach unbestimmter Zeit noch behagt, so lassen sie sich trauen durch einen Priester oder Mönch, der einmal das Jahr die Runde macht, um diese Feierlichkeit, oder vielleicht schon die Taufe des Leibeserben dieser neuvermählten Paare vorzunehmen. Gefällt dem Manne seine Frau aber nicht, so kehrt sie wieder zu ihren Eltern zurück, auch wenn sie schon Leibesfrucht zu hoffen hat; die auf solche Art abgedankten Frauenzimmer werden häufig später noch einmal auf Probe genommen und verheirathen sich wieder, ohne daß ihr früherer Abschied ihrem Character Eintrag thäte.“

„In Panuco fanden wir noch zwei indianische Comunidades (Gemeinden), bei denen die Guastersprache allein und ausschließlich gesprochen wird. Das arme Völkchen vermischt sich nicht mit den Weißen. Während der ungesunden Monate kommen viele Familien von Tampico dahin; und in der trockenen Jahreszeit ist Panaco eine Art von Badeort; man begibt sich hieher, da der Fluß hier mehr von Kaimans (Krokodillen) frei ist, als an andern Stellen. Für solche Familien, welche des Anstandes wegen sich etwas kosten lassen, sind nahe am Ufer kleine Plätze mit Pfählen abgesteckt, und leicht mit Palmzweigen bedeckt. Allein diese Delicatesse wird gewöhnlich nicht beobachtet; beide Geschlechter baden zu gleicher Zeit, und viele junge Damen schwimmen äußerst gut!“

Ueber die heißen Quellen in dem Thale Ustlan, unfern Valladolid, im Staate Mechoacan, gibt Lyon folgende Bemerkungen:

„Diese Quellen, mehrere hundert an der Zahl, liegen in

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 442. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_460.jpg&oldid=- (Version vom 2.3.2023)