Seite:Das Ausland (1828) 472.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

von Bedamars berüchtigter Verschwörung. Um diese Zeit hatte der Senat von Venedig ein Gesetz erlassen, welches allen Patriciern bei Todesstrafe verbot, in Verbindung mit einem fremden Gesandten zu stehen, oder auch nur die Schwelle desselben zu betreten. Nicht lange darauf ward Antonio Foscarini, der Sohn des regierenden Dogen, im Palaste des spanischen Gesandten entdeckt; der wurde hingerichtet im Jahr 1622. In dem Schauspiel ist dieser Foscarini ein rascher feuriger Jüngling, eben von einer Sendung an die Schweizer Republiken zurückgekehrt, und voll von den Ideen der Freiheit und Unabhängigkeit, die er auf den freien Alpen eingesogen hat, spricht er – in seiner ersten Zusammenkunft mit seinem Vater – seinen Haß gegen den Depotismus des Rathes der Zehn, und seinen Abscheu vor dem neuen Gesetz aus, ob dieß auch durch die Furcht vor den spanischen Intriguen und die Erinnerung an die Gefahr, der Venedig eben erst entgangen ist, gerechtfertigt werden möge. Er wird, gleichsam damit das Maß seiner Unzufriedenheit voll werde, durch den Dogen unterrichet, daß Teresa Navagero, seine Verlobte, während seiner Abwesenheit, von ihrem Vater überredet worden ist, sich mit Contarini, einem der drei Staatsinquisitoren, zu vermählen. Dieser Mann ist ein Feind des jungen Foscarini, wie Loredano, der zweite Inquisitor, des Dogen, der im Senate sich bitter gegen ihn geäußert hat. Bald bietet sich beiden eine Gelegenheit zur Rache dar. – Foscarini fährt des Abends in seiner Gondel zu dem Palazzo Contarini und singt unter Teresas Fenstern ein Lied das jetzt bereits, von Palleschi componirt, in einem Theil von Italien zum Volkslied geworden ist:

quando da te lontano,
Perfida, io volsi il piede,
Segno d’eterna fede
La bella man mi dié.
Mirai tremando il volto,
Di bel colore asperso,
E tutto l’ universo
Disparve allor da me.
  Als ich von dir, Treulose,
Mich in die Ferne wandte
Bot ew’ger Treue Pfande
Die schöne rechte mir.
Ich seh, zitternd, von Rosen
Dein Antlitz übergossen
Und alles war zerflossen
Wie Nebel da vor mir.
Mille parole intesi
Che ti dettaro amore,
E quel che senti il core
E il labbro non può dir.
„Jo sarò tua,“ dicesti
E il mio costante affetto
Sol fuggirà dal petto
Coll’ ultimo sospir.
  Ich hörte tausend Worte
Voll süßer Liebesschmerzen
Und was sich fühlt im Herzen,
Und stets der Mund verschweigt.
„Ich will die deine werden;
Ich bin dir treu ergeben,“
So sprachst du, bis das Leben
Aus dieser Hülle weicht.“

Teresa erkennt seine Stimme, sie fühlt den Vorwurf, der in den Worten des Liedes liegt; sie fürchtet für das Leben Foscarini’s, den ihr Gemahl haßt, und beschließt, Foscarini in den Garten zu führen, wo sie ihm die Umstände erzählt, die sie zur ihrer Heirath zwangen, und ihn beschwört, Venedig zu verlassen. Schon ist Foscarini halb überredet, ihrer Bitte zu folgen, als Contarini mit zahlreichen Dienern und Fackeln kommt, und ihm den Rückweg durch das Haus abschneidet. Weniger besorgt ums sein Leben, als um die Ehre seiner Geliebten, entflieht Foscarini in den benachbarten Palast, obwohl Teresa ihn gewarnt hat, daß es der des spanischen Gesandten sey. Statt sich darin verborgen zu halten, versucht er in der Verzweiflung sich zu ermorden; er feuert eine Pistole auf seine Brust ab, und verräth sich dadurch selbst. Er wird verwundet gefunden, in das Gefängniß geführt, von den Drei über die Veranlassung befragt, die ihn verleitete, das Gesetz zu übertreten; aber er schweigt, um Teresa nicht bloß zu stellen. Der Doge wird darauf berufen, um seinen Sohn zu verhören; da er auch gegen diesen hartnäckig bleibt, so wird das Todesurtheil gegen ihn, als einen Verräther der Republik gesprochen. In diesem Augenblick kommt ein Bote, um den Inquisitoren zu berichten, daß ein Aufstand ausgebrochen sey, und das Volk laut Foscarini’s Befreiung fordere. Un tumulto in Venegia? fragt Loredano mit kalter Verachtung, und nicht aus der Fassung gebracht, dringt er darauf, jetzt das Urtheil auf der Stelle zu vollziehen. „Ihr mögt zittern, sagt er zu seinem feigen Collegen Contarini; ich stehe nicht auf von meinem Richterstuhl. Ewige Schande dem, der seinen Posten verläßt!“ Das Getümmel läßt nach und ein Weib stürzt, von Kopf bis zu Fuß verhüllt, in den Saal. Es ist Teresa, sie entdeckt ihre frühere Liebe zu Foscarini, und ihre letzte Zusammenkunft mit ihm, welche ihn zwang, das Verbot zu übertreten. Das Geheimniß ist jetzt aufgeklärt: „Der Unschuldige ist gerettet,“ ruft sie aus. Da zieht ihr Gemahl einen schwarzen Vorhang am Ende des Saales hinweg, und man erblickt hinter demselben den leblosen Leichnam Foscarinis. Sie ersticht sich. – Ein berühmter italienischer Gelehrter Mustoridi, hat Niccolini den Tacitus der Poesie genannt; mit größerem Recht könnte man vielleicht seine Tragödie einer Landschaft vergleichen, worin eine düstere Felsengegend den Hintergrund bildet, während wir im Vordergrunde eine anmuthige Familienscene erblicken. Das härteste Gemüth muß ergriffen werden, wenn Teresa – nachdem sie stolz die Umarmungen des Geliebten zurückgewiesen hat: ich bin Teresa Contarini – um sein Leben zu retten, das er für ihre Ehre opfern will, ausruft: „mit meinem Busen will ich dich bedecken: ohne Erröthen umarme ich dich.“ ((io del

Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_472.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2023)