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Das Ausland. 1,2.1828

Schwedische Volkslieder.



(Fortsetzung)

 13.
     Swen Swanehwit

Swen Swanehwit er reitet so weit er kann,
Und siehe, ihm begegnet ein Pilgersmann;
„Und höre, Pilgersmann, was ich will sagen dir:
„Und kennest du die Fragen, die vor ich lege dir?

Die Fragen dein nicht acht’ ich der Rede werth,
Doch schlug ich Islands König todt mit meinem Schwert.
„Und hast du Islands König gebracht in Todesnoth,
„So wiss’, es war mein Vater, den du schlugest todt.“

Swen Swanehwit er zog nun sein scharfes Schwert,
Und aus dem Leib des Pilgermanns Lung’ und Leber fährt.
Swen Swanehwit er schlug ihn in Stücke so klein,
Wie Lindenlaub im Herbste fällt auf den Rain.

Swen Swanehwit er ziehet so weit er kann
Und siehe, ihm begegnet ein anderer Pilgersmann:
„Und höre, Pilgersmann, was ich will sagen dir:
„Und kennest du die Fragen, die vor ich lege dir?

„Was ist es, das da runder ist als ein Kreis?
„Und welche Thier haben vor allen den Preis?
„Und wo ist’s, da die Sonne hat ihr Haus?
„Der Todten Füße wohin liegen sie hinaus?

„Wer ist es, der da bauet die breitste Brück?
„Und wo geht am allerschnellsten der Fisch?
„Nach welchem Orte führet die breitste Bahn?
„Und wo liegt der allhäßlichste Mann?

„Und was ist wohl schwärzer als eine Kohl’?
„Kennst du was geschwinderes als Lerchenflügel wohl?
„Und was ist wohl weißer als der Schwan?
„Und was ist wohl höher als des Kranichs Bahn?

Ja, die Sonn’ ist runder als ein Kreis;
Die Thier’ im Himmel haben vor allen den Preis;
Im Westen ist’s wo lieget der Sonne Haus:
Der Todten Füße liegen nach Osten hinaus.

Das Eis ist’s, das da bauet die breitste Brück’;
Drunter geht am allerschnellesten der Fisch.
Zur Hölle hin da führet die breitste Bahn,
Und da liegt der allerhäßlichste Mann.

Die Sünde ist schwärzer als eine Kohl’,
Und schneller ist die Seel’ als Lerchenflügel wohl:
Die Engel sie sind weißer als der Schwan,
Höher als des Kranichs ist des Donners Bahn.

Drei Tage lang sie tranken, sie tranken sehr;
„Und weißt du alles dieses, so weißt du wohl mehr.“
Swan Swanehwit er nahm seine Ringe von der Hand
Und eilte sie zu geben dem Pilgersmann.





 14.
     Pehr Tyrsons Töchter in Wänge.

Pehr Tyrsons Töchter in Wänge,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Die schliefen einst zu lange.
     Doch der Wald er belaubt sich.

Erst wachte auf die jüngste,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da weckte sie die andern
     Doch der Wald etc. [1]

Da setzten sie sich auf die Bettstell;
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da flochten einander die Locken sie schnell.

Da zogen sie die seidenen Kleider an,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da gingen sie hin zur Kirche.

Und als sie kamen auf Wängeheid –
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da kamen an der Räuber drei.

Sprecht, wollet ihr uns Räuber frein,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Oder wollt ihr lieber des Todes seyn.

Nicht wollen wir euch Räuber frein,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Viel lieber wollen wir des Todes seyn.

Ab hauten sie ihre Köpf’ auf dem Birkenblock,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Stracks sprangen auf drei Quellen hoch.

Die Körper sie gruben in’s Moor hinein,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Die Kleider sie trugen zum Hause hin.

Und als sie kamen nach Wänge,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da stand vor der Thür Frau Käthe.

„Wollt ihr kaufen seidene Hemden,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Von drei Jungfraun gestickt und gewirket?“

Packt aus und zeigt mir die Hemdelein,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Kann seyn, ich kenne sie alle drei.

Frau Käthe schlug sich vor die Brust,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Schnell läuft sie zu Pehr Tyrson.

Drei Räuber halten vor uns’rer Thür,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Sie haben gemordet die Töchter mir.

Pehr Tyrson nimmt zur Hand sein Schwert,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Garaus er machte den ältesten zween.

Den dritten ließ er leben,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Der mußt’ ihm Antwort geben.

Wie heißet euer Vater?
     Kalt wars in ihrem Wald –
Wie heißet eure Mutter?

Unser Vater, Pehr Tyrsson in Wänge;
     Kalt wars in ihrem Wald –
Uns’re Mutter, Frau Käth’ in Stränge.

Pehr Tyrsson ging hin zur Schmiede,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Um den Leib ließ er Eisen sich schmieden.

Was sollen wir für die Sünde weih’n?
     Kalt wars in ihrem Wald –
„Woll’n bauen eine Kirche von Kalk und Stein.

Die Kirch soll heißen Kerne,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Die wollen wir bauen so gerne.–
     Doch der Wald er belaubt sich.

(Fortsetzung folgt.)

Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_478.jpg&oldid=- (Version vom 12.3.2023)
  1. Wiederholt bei jeder Strophen.