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Das Ausland. 1,2.1828

Nonne seine Verlobte sey. Das Gerücht von diesem Vorfall verbreitete sich weit; der Ortsbeamte lud das Paar in seinen öffentlichen Saal ein, ließ daselbst die Heirath vollziehen, erhielt für sie ein Tsing-peaou oder eine kaiserliche Fahne, um ihre Treue zu ehren, und versah sie mit Geld, damit Tsching-yun-yuen seine alte Braut in sein heimathliches Dorf führen könne.[1]

Die Pflichten des Weibes nach getrennter Ehe sind nicht ganz im Einklang mit der Bedeutung des Wortes „The“ oder Weib, welches eine Person bezeichnet, die einem selbst gleich ist, und nach den Commentatoren gebraucht wurde, um dadurch anzudeuten, daß sie auf gleichem Fuße mit dem Manne stehen soll. Ein verheirathetes Weib heißt dagegen Fu, und das Schriftzeichen dafür ist aus „Weib“ und „Besen“ zusammengesetzt und bezeichnet eine Person, deren Pflicht es ist, sich zu unterwerfen. In dem Li-king finden wir eine Menge von Vorschriften und Bemerkungen über die Pflichten der Weiber. „Die Weiber,“ heißt es darin, „wurden drei Monate, ehe sie sich verheiratheten, in einen Tempel oder einen Altar geführt, der ihren verstorbenen Vorfahren geweiht war, und dort unterrichtet in den Pflichten eines Weibes, in der Sprache, die einem Weibe geziemt, in dem Benehmen, wie es sich für ein Weib schickt, und in den Arbeiten, die ein Weib zu übernehmen hat.“ Und an einer andern Stelle: „Die Tugend eines Weibes ist Keuschheit und Gehorsam; ihre Rede soll sanft seyn, ihr Blick mild und einnehmend; ihre Arbeit soll darin bestehen, Seide und Flachs zu spinnen.“ Es wird ihr eingeschärft, daß sie bei jedem Geschäft, erst Schwiegervater und Schwiegermutter und ihren Mann um ihre Befehle befragen muß. Wenn sie ihren Mann überreden kann, einen Fehler oder ein Laster aufzugeben, so wird ihr dieß jedesmal als ein Grad des Verdienstes (kung) angerechnet. Denselben Grad erhält sie, wenn ihre Schwiegereltern in Geldverlegenheit gerathen, und sie ihre Toilette aufopfert, um dem Bedürfniß derselben abzuhelfen. Und so gibt es eine Menge von Kungs oder Verdiensten, die meist nur bis zu drei Graden steigen, obgleich die Opfer, welche dafür verlangt werden, nicht gering sind. Das Verzeichniß derselben schließt damit, den Eheleuten einen Grad des Verdienstes für jede zehn Tage, die sie in vollkommener Einigkeit gelebt haben, zu bewilligen. Die Kwo oder Vergehen sind auf gleiche Weise in Stufen abgetheilt. Wenn ein Weib einen Sohn geboren hat, der nichtswürdig ist, und sie ihrem Mann nicht gestatten will, ein Nebenweib anzunehmen, um von ihr eine tugendhafte Nachkommenschaft zu erhalten, so gilt ihr dieß als ein Vergehen von hundert Graden; wenn sie schuld ist, daß er ganz der Nachkommenschaft entbehrt, so wird ihr dieß zu tausend Graden angerechnet. Bloß drei Lastergrade werden einem Weibe beigelegt, die den Wein selbst bis zur Trunkenheit liebt; aber fünf für jedes Mal, daß sie mit irgend einer Person Karten spielt. Unreinlichkeit, oder der Vorwitz, den Schauspielen bei den öffentlichen Festen zuzusehen, bringt dem Weibe eines Chinesen drei bis zehn Grade Laster. Der entscheidenste Beweis für die Ungleichheit des verheiratheten Paares liegt in der Verordnung, welche den Weibern und Nebenweibern verbietet, ihre Männer zu schlagen. Ein Weib, welches dieß Verbot übertritt, wird mit hundert Schlägen bestraft, und der Mann kann, wenn er es verlangt, sich von ihr scheiden lassen. Wenn der Mann durch eine solche Mißhandlung eine schwere oder bleibende Beschädigung erlitten hat, so soll das Weib erdrosselt werden. Wenn der Mann dagegen sein Weib schlägt, sagt dieselbe Verordnung, so daß er nicht ihre Glieder bricht, oder sie verstümmelt, so soll das Gesetz keine Kenntniß davon nehmen.

Der Ehebruch wird mit großer Strenge bestraft. Wenn der Ehebrecher ein öffentlicher Beamter, und die Ehebrecherin das Weib eines andern Beamten ist, werden beide erdrosselt. In keinem Fall gestatten die chinesischen Gesetze den Schuldigen, einander zu heirathen. Ja in Ehebruchsfällen, wo der Mann seine Zustimmung gegeben hat, wird er, der Ehebrecher und die Ehebrecherin, jedes mit neunzig Stockschlägen bestraft.

Im Ganzen scheint die Lage der Frauen in China, wenn auch vielleicht der des weiblichen Geschlechtes im Orient im Allgemeinen vorzuziehen, doch auf keine Weise beneidenswürdig.

  1. Ta-tsing-leuh-le, 6ter Theil.


Clapperton und Laing.

Zwei Jahre sind es jetzt, seit Major Laing in der Nähe von Timbuctu angekommen war, und die einzige Nachricht, die man seitdem über sein Schicksal erhalten hat, war die Erzählung von Eingebornen, die Clapperton zu Sackatu hörte: „sie hätten den weißen Mann mit dem rothen Bart in seinem Zelt in Timbuctu gesehen, wo er später durch das Volk ermordet worden sey.“ – Die Rückkehr des Dieners Clapperton’s, Richard Lander, und die Erhaltung seiner Papiere kann in der That als wunderbar betrachtet werden. Noch zu Badagry, in der Bai von Benin, entging er nur durch einen glücklichen Zufall dem Tode, indem das Gift, welches man ihm beibringen wollte, seine Wirkung verfehlte. Die Eingebornen glaubten nun, daß er gefeyt und durch „das große Wesen“ geschützt sey; sie behandelten ihn daher besser, und erlaubten ihm selbst abzureisen, doch nicht eher, als nachdem ihr Fürst zur seiner Ranzion Waaren zum Werthe von 61 Pf St. erhalten hatte: Gewehre, Pulver, Tafet etc. Landers eigene Wanderungen vom April 1827 bis in den Januar 1828 sind nicht der uninteressanteste Theil seiner Abentheuer; das Tagebuch, welches er über dieselben ausgearbeitet hat, soll der Reisebeschreibung seines verstorbenen Herrn und Freundes beigefügt und mit diesem bei Murray in London herausgegeben werden. – Der Weg, welchen Lander bei seiner Rückkehr zur Küste nahm, war ein völlig verschiedener von dem, auf welchem Capitän Clapperton nach Sackatu hinauf gereist war. Er verfolgte siebenzehn Tag lang eine ganz entgegengesetzte Richtung, in der Absicht, Gewißheit darüber zu erhalten, ob der Niger in die Bai von Benin falle und er entkommen könne, indem er diesen Strom hinabginge. Er wurde aber durch die Fellatah, die ihn verfolgten, gezwungen, diesen Plan aufzugeben, durchreiste darauf Houssa, Nyffe, Heir und andere den Europäern völlig unbekannte Länder, und erreichte auf diesem Wege Badagry, von wo er mit Clapperton ausgegangen war.

Literary Gazette, Mai, 10.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 592. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_618.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)