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Das Ausland. 1,2.1828

unter der Gestalt eines ehrwürdigen Alten erschien, und vorspiegelte, wie er könnte König von Arabien und Persien zugleich seyn, wenn er seinen Vater tödtete. In jenen Tagen lebten die Menschen bloß von Pflanzenkost; aber der Teufel, der von ihnen gerne möglichst viele verderbt hätte, backte etliche Eier und brachte sie Zohâk, ihn damit zu reizen, und als er bemerkte, daß ihm diese Speise schmeckte, bewirthete er ihn mit Rebhühnern und Wachteln, deren Wohlgeschmack den Prinzen dergestalt entzückte, daß er seinen Freund sich eine Gunst erbitten hieß. Dieser sagte, er habe keinen Wunsch, als die Schultern seines geliebten Monarchen zu küssen. Aber kaum hatte die teuflische Lippe die Schultern berührt, als daraus zwei zischende Schlangen hervorsprangen, zu gleicher Zeit der ehrwürdige Alte sich in seiner wahren Gestalt zeigte, und in einem Gewittersturm mit dem Ausruf verschwand, nur durch Menschengehirn können die Ungeheuer, die er geschaffen habe, gesättigt werden, und auf ihren Tod folge unmittelbar der Tod Zohâks.“

„Es war dem so, wie der Teufel vorher sagte, die Schlangen nahmen keine andere Speise an, und so wurden eine Zeitlang täglich zwei Opfer für sie geschlachtet. Da nun die, welche mit der Zubereitung des schrecklichen Mahls beauftragt waren, den Plan des Teufels sahen, so beschlossen sie, ihm denselben zu vereiteln; sie führten deßwegen die zum Tod bestimmten Personen Zohâk und seinem Schlangenpaar zwar vor, aber indem sie das Gehirn von Schafen unterschoben, sandten sie die Menschen in die Gebirge von Kerman und Laristan, wo sie sich vermehrten, und ein großes Volk wurden. Ihre Nachkommen wohnen noch jetzt daselbst. An der Wahrheit dieser Erzählung, schloß Khudâdâd, kann nicht gezweifelt werden, denn es steht alles geschrieben in dem Buch eines schönen Gedichts, welches genannt ist Schah-nahme, d. h. das Buch der Könige.“

Mit diesen authentischen Nachrichten über die Küsten des Golfs versehen, landete ich im Hafen Abuschir, dem berühmten Markt der Zitze, der Datteln und der Assafötida. Am Strand kam uns die ganze Bevölkerung der Stadt entgegen. Am meisten Aufsehen erregten wir durch unser militärisches Gefolge. Verwundert über die Gleichförmigkeit der Bekleidung dieser Truppen rief der Eine aus: „Die Bursche müssen alle Einen Vater und Eine Mutter haben.“ Ein Anderer: „das ist nicht möglich, denn sie müßten alle an Einem Tage geboren seyn.“ Ein neuer Gegenstand des Staunens war die Regelmäßigkeit der Bewegung der Füße beim Marschiren! Ein alter Kaufmann, Namens Hadschi Ismaël, der sein Leben unter Rechnungen zugebracht hatte, ein ungemeiner Freund der Ordnung, stellte sich an eine Ecke und sagte, bei jedem Glied das vorbei zog, hißab (richtig).

Als Reiter, schien es, sollten wir weniger Glück machen. Ein Seeoffizier, der ein wildes Pferd bestiegen hatte, dem er nicht gewachsen war, gab den Persern viel zu reden. Den andern Tag begegnete ihm der Mann, der das Schiff mit Lebensmitteln versorgte, am Bord, und sagte zu ihm in gebrochenem Englisch: „dürft Euch nicht schämen, Herr, Niemand kennt Euch – ein schlechter Reiter! Ich sag ihnen, daß Ihr, wie alle Engländer, gut reitet, daß Ihr aber damals betrunken ward.“

Die Eingebornen dieser Gegend sind insgesammt von arabischer Race und haben eben so sehr eine Vorliebe für das Seeleben, als die Perser die größte Abneigung dagegen. Wenn auch ein Perser durch die Aussicht auf einen gewinnreichen Handel sich soweit bestimmen läßt, daß er das liebliche Klima der Hochebene gegen diese Seehäfen am Saume einer brennenden Sandwüste vertauscht, so behält er doch die geschmeidigen und artigen Manieren seines Volks bei, während er die Araber, welche hier den großen Haufen bilden, und von ihren Nachbarn auf der gegenüberliegenden Küste des Golfs schwer zu unterscheiden sind, als rohe Barbaren verachtete.

(Fortsetzung folgt.)


Die spanischen Räuber.

Im Jahr 1821 reiste ein junger Engländer von Madrid mit der Diligence nach Irun. Ungefähr sieben Meilen von der Hauptstadt wurde die Diligence in der Nacht durch eine Räuberbande überfallen, die allen Passagieren auszusteigen befahl und sie mit Stricken fest band; hierauf wurden eine Anzahl Kerzen angezündet und der ganze Wagen durchsucht. Der junge Engländer, der ein leidenschaftlicher Dilettant im Zeichnen war, bemerkte nicht sobald die pittoreske Scene, die sich ihm darbot, als er seine Hände von den Stricken befreite, sein Portefeuille herausnahm, und die Räuber in demselben zu skizziren anfing. Sie wurden so überrascht und zugleich so geschmeichelt durch diesen Enthusiasmus, daß sie ihm gern erlaubten, seine Zeichnung zu vollenden, und sogar sein Eigenthum unberührt ließen, obgleich sie alle übrigen Passagiere bis auf das Hemde auszogen. Ein Secretär der dänischen Gesandtschaft zu Madrid, der gleichfalls in der Diligence war, hatte einen Ring am Finger, den er, obwohl von geringem innern Werth, sehr hoch schätzte. Um ihn sich zu erhalten, sagte er einem der Räuber, er trage ihn so viele Jahre am Finger, daß es nicht möglich sey, ihn abzuziehen. Tenemos cuchillos (wir haben Messer), erwiederte der Schurke mit größter Ruhe. Auf diesen Wink zog sich der Finger instinktmäßig zusammen und der Ring wurde abgeliefert.

London Weekly Review.


Chinesische Gassenhauer.

In China äußert sich, wie in manchen europäischen Ländern, das Mißvergnügen des Volks häufig durch Spottlieder, die auf den Straßen gesungen werden. So sangen die Gassenbuben in Peking, als Sung, der durch Macartneys Gesandtschaft bekannte verdienstvolle Minister, starb, (in Bezug auf die Rebellion in der kleinen Bucharei:

Ying-wu Kiaou,       Papagei (der Kaiser) ruft,
Ying-ko-siaou Der Hahn (Rebelle) lacht,
Sung-schu taou, Der Sungbaum [1] ist gefallen,
Taou-kwang taou, Der Vernunft Ruhm floh.

In Canton machte sich die Unzufriedenheit über die schlechte Rechtspflege der Behörden durch folgendes Couplet Luft:

Ya mun pa tsze kia,       So weit als das Pa [2] ist des Mandarins Hof offen;
Yen li, wu tsien, mo kwo lai. Habt ihr Vernunft, kein Geld; geht nicht hinein!
Malacca Observer.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 600. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_626.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2023)
  1. Sung, bedeutet einen Tannenbaum.
  2. Ein chinesisches Schriftzeichen.