Seite:Das Geheimnis der Kabine 24.pdf/26

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

klang sehr matt. „Wirklich nichts – nur ein Streifschuß, nichts weiter –“

„Du warst mit dem Rade hinter dem Auto –“

„Ja – hinter dem Auto her, das vor der Stadt abbog. An einer Biegung verlor ich es aus den Augen. Als ich die Biegung erreicht hatte, kam es mir entgegen. Aber – der Chauffeur war verschwunden, und das Weib steuerte, raste auf mich los, schoß dreimal, und ich sank vom Rade. – Wir haben schon festgestellt, daß das Auto durch eine Depesche von Saßnitz aus hier bei einem Autoverleiher bestellt worden war. Das Weib hat dann dem Chauffeur hinter der Biegung zu halten befohlen, hat ihn niedergeschlagen und ist entkommen. Nun sind jedoch bereits alle Ortschaften in der Nähe telephonisch verständigt. Thora Olavsen wird sehr bald gefaßt werden.“

Da gab ich Harald die Depesche, die Bließke erhalten hatte.

Er las, stierte auf das Papier, murmelte:

„Also nicht er – sie mußte sterben! Welch ein Verbrecher!“

„Was sollen wir nun Olavsen sagen?“ meinte ich zögernd.

„Er ist Arzt. Er wird die Wahrheit vertragen.“

Ja – er war Arzt. Aber – wie mußte er seine Schwester geliebt haben, daß er so völlig fassungslos sich seinem Schmerze hingab und wie ein Kind weinte! –

Um neun Uhr abends fuhren Harald und ich nach Malmö und dann weiter nach Kopenhagen, wo wir um Mitternacht eintrafen. Wir begaben uns sofort zum Hafen, fanden auch die Liegestelle des Dampfers Haugesund und ließen den Kapitän durch die Deckwache wecken.

Boomlund kleidete sich notdürftig an und holte uns dann in seine Kajüte.

„Sie müssen uns genau erzählen,“ begann Harald sehr ernst, „weshalb Sie gegen Thora schon längere Zeit Mißtrauen hegten und was in Trelleborg von Ihnen beobachtet wurde. Ich will Ihnen die traurige Wahrheit nicht verhehlen: Thora Olavsen ist ermordet worden!“

Holger Boomlund bedeckte die Augen mit der rechten Hand und saß eine lange Zeit völlig regungslos da.

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das Geheimnis der Kabine 24. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_der_Kabine_24.pdf/26&oldid=- (Version vom 30.6.2018)