Seite:Das Geheimnis der Kabine 24.pdf/33

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„So ein Pech, ihn nicht anzutreffen!“ fügte er noch hinzu.

„Seit – ja seit vier Tagen, seit Dienstag. Er sagte noch beim Abschied zu mir: „Kneifen Sie nur den Daumen, Arnhelmchen! Ich will einen[1] Verbrecher abfassen!“ – Es ist ja ein so reizender Herr! Stets so vergnügt! Für jeden hat er ein freundliches Wort!“

„Ob Frau Ruperti bereits zu sprechen ist?“

„Sie sitzt hinten im Garten im Liegestuhl. Sie ist sehr elend, die arme Frau Rechtsanwalt –“ –

Wir gingen um das villenähnliche Haus herum in den Garten.

Ach – daß dieses sieche, bleiche Geschöpf einem Manne von Rupertis Charakter nicht genügen konnte, sah man auf den ersten Blick.

Harald machte jetzt hier den Sprecher. Lenk hatte ihn darum gebeten. Nachdem wir uns Frau Ruperti vorgestellt hatten, erhob sie sich mit matten Bewegungen aus ihrem Liegestuhl und schaute nun Harst aus weiten, gram- und angsterfüllten Augen prüfend an.

„Ihr Herr Gemahl ist nach Schweden gereist, gnädige Frau,“ begann Harald. Dieser einleitende Satz klang mehr wie eine Behauptung, und sollte doch eine Frage sein.

„Ja, nach Malmö, Herr Harst –“

„Sie besinnen sich auf meine Depesche, gnädige Frau.“

„Ah – Sie kommen Thora Olavsens wegen. Ich las das Furchtbare schon in den Zeitungen. Ist sie wirklich ermordet worden?“

„Ja – von – ihrem Liebhaber –“

„Das – das ist wohl ausgeschlossen! Thora sollte – nein, nein, – sie war doch verlobt, und –“

„– und unterhielt trotzdem Beziehungen zu einem Herrn, dem man eine fast unheimliche Macht über Frauen zuschreibt, einem verheirateten Manne –“

Frau Ruperti schoß jetzt das Blut in starker Welle zu Kopfe, flutete zurück und machte das schmale Antlitz noch bleicher. Die blaugrauen Augen des armen Weibes flammten ebenso plötzlich auf. Haß und Verachtung lohten in diesem Blick, der jetzt noch durchdringender auf Harst ruhte.


  1. Vorlage: einem
Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das Geheimnis der Kabine 24. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_der_Kabine_24.pdf/33&oldid=- (Version vom 30.6.2018)