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er in der Dienstag-Abendzeitung in dem Leitartikel eine Stelle, die für seine Zwecke passend scheint. Er streicht mit Rotstift diese für Sie so vielsagenden Zeilen an, reißt das Blatt aus dem Zeitungshalter, kehrt nochmals nach seiner Wohnung zurück und legt es auf die Platte seines Schreibtisches, daneben – halb verdeckt durch andere Papiere – die beiden ebenso bedeutungsvollen Kuverts. Nun glaubt er das Nötige getan zu haben, um Sie über die Gründe seines Verschwindens aufzuklären. Er verläßt abermals das Haus und wird dann wohl den Nachtzug nach Berlin benutzt haben. – Dies alles sind, wie gesagt, nur Kombinationen von mir, liebe Freundin, aber keine völlig aus der Luft gegriffenen Annahmen, da sie sich mit den uns bekannten Tatsachen recht genau decken. – Doch weiter. Ich selbst habe nun noch festgestellt, daß Ihr Haus, Frau Maria, überwacht wird und daß es hier in Danzig eine Person gibt, die für die Freunde der Familie Wieland ein starkes Interesse hat. Ich sah nämlich heute nachmittag vor Ihrem Haus einen Mann in einem grauen Pelerinenmantel, der in einer wenigstens für mich recht verdächtigen Weise zu den Fenstern von Durgassows Wohnung emporblickte. Der Betreffende war mir schon aufgefallen, als ich oben die Zimmer Ihres Vaters einer eingehenden Besichtigung unterzog, wobei der Graue mich fraglos am Fenster gesehen hat. Nachher, als ich mich von Ihnen verabschiedet hatte, merkte ich dann, daß er mich heimlich verfolgte. In dieser Lage tat ich das einzig Richtige, um dem Mann im Pelerinenmantel nun auch meinerseits eine von ihm selbst ungeahnte Aufmerksamkeit schenken zu können: Ich beauftragte meinen kleinen Freund, den Antiquitätenhändler Jakob Wenzel, telephonisch, diese Aufgabe zu übernehmen und festzustellen, wo der Graue wohnte. Wenzel fand sich bald darauf in der Langgasse ein und übernahm die weitere Beobachtung des Unbekannten, während ich diesem durch einen alten Trick entschlüpfte. Hoffentlich haben nun diese meine Maßnahmen wirklich Erfolg gehabt. Denn es ist für uns

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Walther Kabel: Das Geheimnis eines Lebens. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_eines_Lebens.pdf/39&oldid=- (Version vom 31.7.2018)