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schwere Chloroformbetäubung anmerken konnte.

Morgens gegen 1/27 Uhr langte das Auto mit seinen beiden Insassen in Berent an. Dreßler ließ am Bahnhof halten, und bezahlte den Besitzer, den er schon vorher verpflichtet hatte, sofort wieder umzukehren.

Zu Fuß begab sich der Doktor hierauf in die Stadt. Bei dem ersten ihm begegnenden Menschen, einem Postbeamten, erkundigte er sich nach den Hotels. Der Mann empfahl ihm den Hamburger Hof. Dahin lenkte Dreßler jetzt seine Schritte. Als er das Gastzimmer betrat, war ein dralles Dienstmädchen gerade dabei, den Fußboden unter reichlich viel Wasserverbrauch zu scheuern. Das schreckte ihn aber nicht ab. Er ließ sich an einem kleinen Tisch am Fenster nieder und bestellte sich ein Frühstück, da er rechtschaffenen Hunger verspürte.

Ein verschlafener Pikkolo in speckig glänzendem schwarzen Jackettanzug schleppte[1] endlich auf großem Tablett den Imbiß herbei.

„Wohl recht leer jetzt, das Hotel?“ meinte Dreßler freundlich, indem er sich dabei ein Brötchen strich.

„Es geht!“ antwortete der Junge diplomatisch. Er wollte die Interessen seines Prinzipals wahrnehmen!

„So – so! – Es kommen wohl nur Geschäftsreisende hierher?“ fragte Dreßler weiter.

„O, auch andere!“ belehrte ihn der Pikkolo eifrig.

„Sommergäste wohl, die hier Erholung suchen?“

„Bisweilen suchen sie auch anderes. Zur Zeit wohnt zum Beispiel so ein Herr bei uns. Es ist ein Gelehrter, der hier in den Bauernhäusern der Nachbarschaft nach alten Zinntellern und anderem ähnlichen Zeuge herumstöbert. Der Herr ist aus Berlin.“

„Ein Gelehrter? – Wohl ein älterer Herr?“

„Jawohl, ein älterer Herr mit grauem Vollbart. Er heißt Max Dräger,“ erwiderte der redselige Kellnerlehrling.

„Max Dräger, – Max Dräger?“ meinte Dreßler,


  1. Vorlage: schlepte
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Walther Kabel: Das Geheimnis eines Lebens. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_eines_Lebens.pdf/73&oldid=- (Version vom 31.7.2018)