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die kleine Summe von 50 000 Mark in Banknoten mitbringen worauf ich Sie nie wieder zu belästigen feierlichst verspreche. – Mit Gruß Ihr alter Bekannter A. W., der sorgfältigst aufpassen wird, daß Sie dem Rendezvous nicht etwa wieder wie seinerzeit in Mexiko durch – Verduften aus dem Wege gehen.“

Auf diesen Brief hin tat ich zunächst nichts. Ich war eben so niedergeschmettert, daß ich keinen klaren Gedanken, erst recht keinen Entschluß fassen konnte. Denn wo sollte ich wohl die verlangte Summe hernehmen? Ich besaß nur noch gerade so viel, daß ich noch einige Jahre davon bescheiden leben konnte. – Völlig verstört irrte ich umher, nur immer von der Furcht gepeinigt, daß Albert Wenzel meine einstige Verfehlung aufdecken und mich dadurch härter bestrafen könnte, als ich es vielleicht je verdient habe.

So verging die mir gestellte dreitägige Frist. Am vierten Tage erhielt ich einen zweiten Brief mit dem Geheimzeichen, in dem Wenzel mir drohte, er würde mich öffentlich bloßstellen, falls ich ihm nicht innerhalb 24 Stunden die verlangte Summe beschaffe.

Da gab mir die Verzweiflung einen letzten Ausweg ein: Ich wollte, ohne irgend einem zu sagen, wohin ich mich wandte, verschwinden und mir in der Einsamkeit das Leben nehmen, möglichst so, daß auch meine Leiche nicht gefunden würde.

Meine Flucht hier nach Berent gelang wider Erwarten gut. Dir, Maria, ließ ich nach reiflichem Überlegen doch eine Nachricht zurück. Ich hoffe, Du hast die beiden Briefumschläge mit dem Geheimzeichen. Daraus wirst Du ersehen haben, was mich von Dir getrieben hat – eben dasselbe unheilvolle Zeichen, vor dem ich Dich schon früher einmal warnte.

Damit ist meine Beichte beendet. In dem Hotel ist alles totenstill geworden. Meine Uhr zeigt die zweite Morgenstunde an. Ich bin doch müde und abgespannt nach dieser Arbeit, die so vieles in mir aufwühlte.

Und nun – lebe wohl, mein Kind! Mag Dir an der Seite Deines geliebten Gatten ein frohes, gesegnetes

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Walther Kabel: Das Geheimnis eines Lebens. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_eines_Lebens.pdf/94&oldid=- (Version vom 31.7.2018)