mir mit einer wahrhaft wohltuenden zwanglosen Liebenswürdigkeit eine Zigarre anbot und … mit mir über Kunst plauderte …
Ich hörte kaum hin …
Ich dachte nur immer: „Wenn dies also nun Herr Fiedler ist, wer in aller Welt hat Dir dann den Brief übergeben?!“
Ja – – wer?!
Und plötzlich sagte Fiedler:
„Herr Hubert, Sie sind sehr zerstreut …“
Da gab ich mir einen Ruck …
„Herr Fiedler, mir ist heute hier etwas ganz Merkwürdiges passiert …“
„So?!“ Und sein gutes, altes Gesicht wurde ernster … Hinter der altmodischen goldenen Brille kniff er die Augen ein wenig zusammen …
„So?! Hier – etwas Merkwürdiges …?! Hier in diesem stillen, friedlichen Hause? Da bin ich wirklich gespannt, – – neugierig, obwohl man das in meinen Jahren nicht mehr sein sollte …“
„Herr Fiedler, hatten Sie heute nachmittag Besuch?“
„Ich – – Besuch?! Nein, nein … Ich lebe ganz für mich – ganz … – Wie … wie kommen Sie auf diese Frage, Herr Hubert?“
„Weil mir heute nachmittag hier aus Ihrem Flur ein älterer Herr heimlich diesen Brief zusteckte … Bitte – lesen Sie nur …“
Er starrt mich an …
Wiederholt kopfschüttelnd:
„Wie – aus meiner Tür – – ein älterer Herr?!“
Und lächelt …
„Sie scherzen wohl, Herr Hubert …“
„Nein! Bei Gott nicht, Herr Fiedler. Mir ist nach Scherzen gar nicht zumute … – Lesen Sie nur …“
Er tut’s …
Max Schraut: Das Kreuz auf der Stirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1925, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Kreuz_auf_der_Stirn.pdf/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)