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Ich konnte in Winters Arbeitszimmer hineinschauen …

Denn die Fensterladen sind oben etwas kurz geraten …

Was ich sah, war folgendes …

Winter saß im Schreibsessel, die Zigarre im linken Mundwinkel, und rieb sich mit dem Migränestift mit hastigen Bewegungen die Stirn ein …

Sein Gesicht war vor Wut verzerrt …

Und ihm gegenüber lehnte Hilde am Schreibtisch …

Auch ihr Gesicht sah ich …

Tiefe Falten lagen um ihren Mund … Schmerz, Verzweiflung, Angst sprachen aus ihren Mienen …

Mit einem Male hob sie wie flehend die Hände …

Sagte etwas …

Da schmetterte Winter in toller Wut die Faust auf die Tischplatte …

Ich hörte ihn etwas brüllen … Es klang wie: „Halt’s Maul, Dirne!“

Und dann nochmals:

„Dirne, – – scher’ Dich zum Teufel!!“

Er holte aus …

Warf mit dem Migränestift nach ihr …

Die helle Holzkapsel sauste dicht an Hildes Kopf vorüber, traf ein Bild an der Wand, dessen Glas zersplitterte … Hilde war davongeeilt. Und hinter ihr her schüttelte August Winter drohend die geballte Faust …

Ich blieb auf meinem Aste sitzen. Vielleicht gab es noch mehr zu sehen …

Und – meine Geduld wurde belohnt. Nachdem Winter etwa fünf Minuten lang finster vor sich hingestarrt hatte, erhob er sich schwerfällig, hob den Migränestift auf und stellte ihn auf den Schreibtisch mitten unter allerlei ausländische Reiseandenken: geschnitzte Elefanten aus Siam, Elfenbeinfiguren aus China, Buddha-Statuen aus Indien, kleine Messingräucherbecken aus den Malaienstaaten – und

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das Kreuz auf der Stirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1925, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Kreuz_auf_der_Stirn.pdf/28&oldid=- (Version vom 31.7.2018)