wird immer dünner, die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, Sommer und Winter werden größer. Die letzten Gase verschwinden zufolge der Molekularbewegung. In diesem Zustand befindet sich der Mond, wahrscheinlich auch Merkur und die kleinen Planeten, sowie die meisten Monde anderer Planeten. Der Himmelskörper ist von jetzt ab tot und unveränderlich.
Die Alten glaubten, daß man in den Planeten das Schicksal der Menschen lesen könnte, und dieser sonderbare Glaube wurde bis vor ein paar hundert Jahren auch von hervorragenden Astronomen, wie Tycho Brahe, geteilt. In einer Beziehung haben sie Recht behalten, obgleich in ganz anderer Weise als sie meinten. In den Wandelsternen kann man die Vergangenheit und die Zukunft der Erde ablesen. Einst, obgleich erst nach Milliarden von Jahren, wird die Erde das Schicksal des Mars teilen. Dieser himmlische Vertreter des Kriegsgottes schreitet wie ein kraftloser ohnmächtiger Greis seine vorgeschriebene Bahn weiter. Er hat seine Mission längst erfüllt und hilflos stirbt er weiter. Andererseits aber strahlt uns der Lieblingsplanet der Babylonier, die Venus, – Istar, die „Himmelskönigin“ – von allem Weh und jeder Pein befreit und von allen Sünden und Schuld barmherzig erlöst in glänzender, hoffnungsvoller Jugend entgegen. Nach dem Verfall der Erde wird Venus deren stolze Rolle als Führerin unter den Gestirnen des Sonnensystems einst aufnehmen. Was wir von den anderen noch ganz unentwickelten Planeten mit der Zeit zu erwarten haben, ist schwer zu sagen. Ihre große Entfernung von der Licht- und Wärmespenderin, der Quelle alles Lebens, der Sonne, gibt zu der Befürchtung Anlaß, daß höhere Formen
Svante Arrhenius: Das Schicksal der Planeten. Akademische Verlagsgesellschaft m. b. H., Leipzig 1911, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Schicksal_der_Planeten.pdf/55&oldid=- (Version vom 31.7.2018)