Seite:Das Tagebuch des Steuermanns.pdf/15

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

direkten Kurs auf Sydney. –

Ich habe wirklich Glück. Drei Tage lang hat uns ein Taifun böse zugesetzt und vier Mann über die Reling gespült. Schade – es hätten auch mehr sein können! Dann hätte ich das Gelbfieber weniger heftig auftreten lassen können. Fürwahr: es liegt doch ein eigentümlicher Reiz in dem Gedanken, den Tod mit sich in der Schiffskiste im Geheimfach zu führen wie ein mordgieriges Raubtier im Käfig, das man jeden Augenblick freilassen kann, damit es – Nein – dies mag ich nicht bis zum letzten Ende ausspinnen. –

Ich habe die Seekarten in den letzten Tagen sehr eingehend studiert und mir überlegt, wohin ich die Najade mit Hilfe der drei Mann, die das Fieber aus demselben Grunde wie mich verschonen wird, steuern und wo ich sie vorläufig verbergen soll. Ich muß sicher gehen. Es kann hier nur eine Insel in Betracht kommen, die fernab von jedem Verkehr liegt, die unbewohnt ist und nur zufällig einmal von einem Schiffe besucht wird. Ganz einig bin ich mir doch noch nicht über diesen Hafen, den ich der Najade anweisen will. Wenn die Zeit da ist, werde ich mich schon entschließen. Am besten wäre eine der kleineren Kerguelen-Inseln. Sie liegen nicht allzuweit von der gewöhnlichen Dampferlinie Kapstadt-Australien ab, anderseits aber auch sind sie genügend ihres rauhen Klimas und ihrer Unfruchtbarkeit wegen verrufen, um Handelsfahrzeuge fern zu halten.

2. September. – Wir haben einen Maschinenschaden gehabt und fast drei Wochen unter Notsegeln uns mühsam vom Fleck gequält. Jetzt läuft die Maschine wieder leidlich. Heute sah ich in der Ferne die französische Insel und bekannte Verbrecherkolonie Neu-Kaledonien im Morgennebel wie eine stille Warnung liegen. Dort auf Kaledonien mag so mancher Sträfling für Vergehen büßen, die er auch aus Ehrgeiz und Geldgier geplant hat – wie ich jetzt, nur mit dem Unterschied, daß ich vorsichtiger und klüger sein werde. Mich soll man nicht abfassen. Dafür werde ich sorgen. Ich werde geduldig warten, bis Gras über das Verschwinden

Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Das Tagebuch des Steuermanns. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_des_Steuermanns.pdf/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)