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Ein Sturm schlug dann das führerlose Schiff durch haushohe Seen leck und trieb es in sinkendem Zustand auf die einer kleinen Inselgruppe vorgelagerten Klippen, wo es zerschellte. Nur die Pinasse wurde wie durch ein Wunder unversehrt auf das flache Gestade der nächsten Insel geworfen, auf die[1] ich mich auch selbst zu retten vermochte und wo ich dann viele Monate – wie lange, vermag ich (angeblich!) nicht zu sagen – einsam zubrachte, mich von Früchten und Fischen nährend bis ich schließlich in der Verzweiflung über meine trostlose Weltabgeschiedenheit das Wagnis unternahm, auf der Pinasse, die noch einen großen Vorrat Benzin besaß, auf gut Glück nordwärts in See zu stechen, hoffend, entweder einem Schiffe zu begegnen oder auf bewohntes Land zu stoßen. – Das soll in Kürze meine Erzählung werden. Die Inselgruppe, an der die Najade (angeblich!) scheiterte, werde ich nach ihrer Fauna und Flora (Tier- und Pflanzenwelt) so beschreiben, daß sie zu den zwischen Australien und der Insel Java verstreut liegenden Archipeln gehören kann. (Von den Kerguelen-Inseln natürlich kein Wort!) Ich werde, um diese Angaben wahrscheinlicher zu machen, auf dem Schiffe, dem ich zu begegnen hoffe, die Dauer meiner einsamen Fahrt auf der Pinasse so bemessen, daß meine Schilderung auch den Entfernungen nach durchaus glaubwürdig erscheint. –

Das gute Wetter verspricht der Windrichtung nach beständig zu bleiben. Also morgen früh geht es fort von hier. Fast wird mir der Abschied schwer. Ich lasse das Gold so ungern zurück, das ich ja vorsichtshalber aus dem Laderaum an Land in ein Versteck geschafft habe. Das Gold! Jeden Tag habe ich mich an dem matten Glanz der schweren Goldbarren erfreut. Das hört nun auf – für Jahre! Denn ich werde nicht so unklug sein und etwa sehr bald nach meiner Heimkehr auf irgend eine Weise meine Reichtümer von hier abholen. Nein – ich werde daheim in Heilmünde bescheiden mehrere Jahre leben und dann erst, wenn die Najade ganz vergessen ist, hierher

  1. Vorlage: di
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W. Belka: Das Tagebuch des Steuermanns. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_des_Steuermanns.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)