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2. September 1898. – Wieder ist ein Jahr um. Ich nähere mich langsam dem Zeitpunkt, wo ich daran denken darf, meinen Schatz zu holen. Ich habe Geduld. Wem Millionen winken, der darf nicht die Hauptsache bei den letzten Teil eines jahrelangen Planes außer acht lassen: die ständige Vorsicht!

Nur nichts tun, das auffallen könnte! – Ich bin Blumenfreund geworden. Das wirft ein so gutes Licht auf meinen Charakter! Dabei sind mir Rosen und all das andere Grünzeug in Wahrheit so herzlich gleichgültig.

Vor einem Jahr schrieb ich in diesen Blättern einiges über Werner Seiffert. Inzwischen habe ich mir die größte Mühe gegeben, dem Mann so etwas hinter seine Schliche zu kommen. Ich habe viele Nächte geopfert und in einem Boot seine Insel umrudert, habe mich vor der Einfahrt zu seinem kleinen Bootshafen auf die Lauer gelegt und bin auch zweimal auf dem Eiland gewesen wo mich aber stets der verd… Köter sehr bald witterte und verjagte.

Ja, – was treibt dieser Chemiker dort? Was nur? Ich vermag mir darüber nicht klar zu werden. Einmal, als ich wieder in einem Kahne bei strömendem Regen nachts die kleine Insel umruderte, erlebte ich etwas recht Seltsames. Der Regen ließ plötzlich nach und der Vollmond trat hinter den Wolken hervor. – Da wurde ohne jede erkennbare Ursache das Wasser des Hafens, das spiegelglatt bei der völligen Windstille dalag, in einer Weise aufgerührt, als ob in meiner Nähe ein riesiger Fisch pfeilschnell unter der Oberfläche dahinschoß. Ich glaubte dann auch in weiter Entfernung etwas Dunkles für kurze Zeit auftauchen zu sehen, mag mich aber vielleicht getäuscht haben. – Noch dreimal machte ich ungefähr die gleiche Beobachtung.

Heute nun – wie seltsam! – kommt mir ganz unvermittelt ein Gedanke: Sollte etwa jener Seiffert ein Unterseeboot konstruiert haben und damit nachts Probefahrten im Hafen unternehmen?! Die Ingenieure aller Länder widmen ja jetzt mit allem Eifer

Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Das Tagebuch des Steuermanns. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_des_Steuermanns.pdf/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)