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hielt ich sehr bald nach dem Auftauchen Deines Onkels hier seinen Bericht für erlogen, beobachtete diesen Mann, der schon äußerlich so wenig sympathisch wirkt, heimlich weiter, folgte ihm, als er nach der Provinzialhauptstadt reiste, um die erste Goldbarre zu verkaufen, stellte diesen Zweck seines Besuches dort einwandfrei fest und – besaß nunmehr den Beweis, daß er gelogen und nicht lediglich bei dem Untergang der Najade das nackte Leben gerettet hatte! – Um es nun gleich zu erwähnen: Der Urheber all jener Gerüchte über August Wend bin ich – kein anderer! Hier hat er also mit seiner Vermutung recht. Absichtlich habe ich diese Gerüchte zu verbreiten verstanden. Ich wollte sehen, wie er sich dazu stellte. Er war schlau, – tat so, als ginge ihn all das nichts an. Daß ich ihm auch in Berlin beim Verkauf weiterer Barren auf den Fersen war, weißt Du aus seinen Aufzeichnungen. Hätte ich ihn jetzt noch ein drittes Mal bei einem Geschäft dieser Art betroffen, so würde ich ihn der Polizei übergeben haben. Das war meine feste Absicht. Die Behörden hätten dann die ganze Najade-Angelegenheit untersucht, und ohne Zweifel hätte man die Überzeugung gewonnen, daß der Steuermann den größten Teil seiner Erzählung erfunden oder besser die Hauptsachen verschwiegen hat. – Unsere Freundschaft gab nun dieser Sache eine neue Wendung. Du vertrautest mir an, daß Dein Onkel in einem Geheimfach Papiere aufbewahre, die er eines Nachts heimlich bei verschlossener Tür durchsah, was Du durch das Schlüsselloch beobachtetest. Ich ahnte die Wichtigkeit dieser Papiere und legte Dir nahe, sie mir für kurze Zeit einmal zu verschaffen. Ich hatte recht: Wir haben jetzt Kenntnis von ihrem Inhalt, wissen, welch ungeheuerliches Verbrechen begangen worden ist!“

Der Chemiker schwieg ein paar Sekunden, um dann mit erhobener Stimme fortzufahren: „Mein kleiner Freund, begleite mich jetzt! Ich will Dich in das Geheimnis dieser Insel einweihen, Dich als den einzigen Menschen vorläufig!“

Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Das Tagebuch des Steuermanns. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_des_Steuermanns.pdf/30&oldid=- (Version vom 31.7.2018)