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Walther Kabel: Das Tagebuch eines Irren (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9)

liegt. Gewiß – dem Brief nach scheint ja Jussuf Meinert in jener Schlacht umgekommen zu sein, da er nichts weiter von sich hören ließ. Aber dann lebte immer noch sein Herr, der –“

„Mein lieber Hans,“ unterbrach Hilgener ihn siegesgewiß, „die Wahrscheinlichkeit spricht unbedingt dafür, daß beide, Jussuf Meinert und der Kapudan-Bei, mit dem Flaggschiff ‚Alexandria‘ zugleich in der Seeschlacht bei Navarino untergegangen sind. Wenn dich die näheren Umstände interessieren, so lies im Konversationslexikon den betreffenden Artikel durch. Ich habe ein Zeichen hineingelegt.“

Aber der junge Arzt gab seine Bedenken nicht so schnell auf. „Dann ist doch auch anzunehmen,“ meinte er hartnäckig, „daß der Kapudan-Bei das Geheimnis ebenfalls noch anderen Personen mitgeteilt hat, oder daß das Versteck zufällig einmal aufgefunden worden ist. Und die Hauptsache – die drei in dieser Urkunde genannten Eichen, die zur Auffindung der verborgenen Reichtümer wohl unbedingt noch vorhanden sein müßten, werden wohl trotz der hohen Lebensdauer dieser Baumart inzwischen eingegangen sein. Dann modert Jussuf Meinerts famoser Schatz weiter bis zum Jüngsten Tage – falls er, wie gesagt, überhaupt je in die berühmte Erde, über die einst die verführerische Helena gewandelt ist, eingebuddelt wurde!“

Der Ingenieur überhörte absichtlich den in den letzten Sätzen liegenden Spott und erwiderte sehr ruhig: „Nun, ich denke über diese Sache anders, und wenn Elsa nichts dagegen hat, so hoffe ich mir in kurzer Zeit Gewißheit zu verschaffen, ob dieser Brief nur ein verspäteter Aprilscherz gewesen ist. Dich, Hans, möchte ich aber bitten, über das alte Buch und seinen Inhalt vorläufig gegen jedermann Stillschweigen

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Das Tagebuch eines Irren (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1908, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_eines_Irren.pdf/36&oldid=- (Version vom 31.7.2018)