Seite:Das Tagebuch eines Irren.pdf/8

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Walther Kabel: Das Tagebuch eines Irren (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9)

in unsere Verhältnisse einzumischen. Als unsere Kriegführung gegen die aufrührerischen Griechen im Abendlande stets wachsende Entrüstung hervorrief, als die philhellenische Begeisterung dann durch Könige und Gelehrte angefacht wurde und sich nicht allein in reichlichen Geldunterstützungen betätigte, da sah ich bereits diese sogenannte Hilfsaktion der Staaten Europas wie ein drohendes Gespenst auftauchen. Sie nennen’s Hilfsaktion! In Wahrheit sehnen sie nur den Augenblick herbei, wo sie von dem Reiche des Sultans wieder ein Stück abtrennen und die Kraft des einst so gefürchteten Riesen noch mehr schwächen können. Und diese Gelegenheit hat Ibrahim Pascha ihnen jetzt gegeben! Ich bin fest überzeugt, wenn er nicht bis morgen mittag eine ausreichende Erklärung an Bord des englischen Flaggschiffes sendet, so werden wir für unseren Bruch des Waffenstillstandes einen unangenehmen Denkzettel in Form einiger hundert gutgezielter Kanonenschüsse erhalten.“

Der Bei hatte sich erschreckt aufgerichtet. „Du meinst also wirklich, daß sie Ernst machen werden?“ fragte er.

„Bin ich jemals ein schlechter Prophet gewesen?“ gab Jussuf achselzuckend zurück. „Was jetzt kommen wird, weiß ich genau, da ich des Paschas übermütigen Leichtsinn kenne. Er wird seine Erwiderung auf das ihm gestellte Ultimatum in eine Form fassen, die den Verbündeten nicht genügt, und dann haben wir morgen den Kampf. Die feindliche Flotte ist uns in jeder Hinsicht überlegen, also kann der Ausgang kaum zweifelhaft sein. Mit dieser Niederlage geht dem Sultan aber auch Griechenland verloren, und all die Opfer an Geld und Menschen sind vergeblich gebracht!“

Der Kapudan-Bei sprang auf und durchmaß erregt

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Das Tagebuch eines Irren (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1908, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_eines_Irren.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)