Seite:Das Trinkgeld.pdf/15

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wach, selbst dann nicht, wenn es die ihm hier gesteckten Grenzen überschreitet; wir könnten es als das harmlose Trinkgeld bezeichnen. Die Klagen, die so oft über das Trinkgelderunwesen laut werden, gelten nicht ihm, sondern den beiden folgenden Arten.


IV.

Das Gemeinsame derselben besteht darin, dass derjenige, der den Dienst erweist – wir wollen ihn C. nennen –, von einem Anderen als dem Geber des Trinkgeldes – wir nennen letzteren B. – zwar nicht für die einzelne Dienstleistung, aber für seine Dienste im Ganzen einen Lohn erhält, zu dem nun noch derjenige, dem die Dienstleistung erwiesen wird – er soll A. heissen –, seinerseits das Trinkgeld hinzufügt. Letzteres hat hier mithin die Natur eines Zuschlages zum fremden Lohn, und der C. erhält doppelte Zahlung

    berechnen, ein Richter. ein Professor der Jurisprudenz nicht; ein Schneider, der mir den Rock flickt, kann dafür Bezahlung verlangen, die Aufwärterin, das Stubenmädchen im Gasthof nicht. In Fällen der letzteren Art, wo Dienstleistungen, die man demjenigen, der ein Geschäft daraus macht, bezahlen muss, von einem Anderen ohne versprochenen Lohn erwiesen werden, ist das Trinkgeld vollkommen am Platz; dem Geber ist dadurch der Lohn, den er einem Anderen zahlen müsste, erspart, und es ist nicht mehr wie billig, dass er ihn demjenigen entrichtet, der sich einer Mühe unterzogen hat, für die sonst ein Lohn rechtlich beansprucht werden kann; das Trinkgeld enthält hier ein freiwillig gewährtes Surrogat des Lohnes.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)