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warten und warten. Er kommt nicht wieder. Und dann steckt er plötzlich den Kopf über die Reling und ruft „Achtung!“ Und damit ist er auch schon unten im Boot. – Was, denken Sie, hat er geholt? Eines der Schiffsfernrohre, Herr Doktor! Ne komische Sach’, nicht wahr?! Und, während wir dann an Land paddeln, läßt er das Glas nicht von den Augen, sucht damit immer den Strand ab.

„Einsame Küste hier,“ meint er zu mir.

„Freilich, Herr. Auf zehn Meilen ist unser Dorf das einzige,“ sag ich.

„Habt Ihr auch Badegäste?“ fragt er nach ’ner Weile.

„Waren gegen hundert hier, sind aber schon wieder weg,“ sag ich zu ihm. „Nur vier haben bis jetzt ausgehalten,“ setzt’ ich hinzu.

„So. Wohl Herren alles?“ fragt er wieder.

„Nee – das gerade nich. Eine Münchener Dame mit ihrem Kinde und eine Erzieherin und der Doktor Gerster,“ geb’ ich zur Antwort.

Da wurde er ganz still. Und mit einem Mal verlangt er, wir sollen ihn nicht am Bootssteg, sondern weiter unten am Strand absetzen.

Nu, wir taten ihm den Gefallen. Und dann mußte ihm Johann Petersen gleich einen Wagen bestellen. Er wollte sofort nach Schülp zum Herrn Landrat fahren, dem er wichtiges mitzuteilen habe. Nachher würd’ er denn zurückkommen und dem Gemeindevorsteher seine Aussage zu Protokoll geben, nämlich über die Strandung. Das muß so sein, Herr Doktor. Seinen Koffer ließ er hier. Und dann fuhr er mit des Kreuzwirts Wagen davon. Abends sei er wieder zurück, sagt er noch.“

Heinz Gerster schlenderte darauf sehr nachdenklich seiner Sommerwohnung zu, die er bei dem Pfarrer des Dorfes gemietet hatte.

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)