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Verehrern sie den Vorzug geben sollte. Da passierte plötzlich eine Geschichte, die wohl nie völlig aufgeklärt werden wird, zumal inzwischen mehr denn zwanzig Jahre verstrichen sind. Bei der Zuckerfirma, die die Brüder als Korrespondenten beschäftigte, wurde eines Tages eine größere Geldsumme aus dem zufällig offenstehenden Geldschrank gestohlen. Der Verdacht der Täterschaft lenkte sich auf den Älteren, auf Albert Wendel. Er wurde auch verhaftet, mußte aber bald wieder aus Mangel an Beweisen freigelassen werden. Albert Wendel zog aus diesen Ereignissen die einzig richtige Konsequenz, als er merkte, daß alle Welt ihm aus dem Wege ging: er wanderte aus. Lange Jahre hat niemand etwas von ihm gehört. Erst durch den Aufruf in den Zeitungen erfuhren die Danziger, daß ihr Landsmann nach Südafrika gegangen war. – Vor der Abreise des älteren Wendel soll es zwischen den Brüdern zu einer erregten Aussprache, beinahe zu Tätlichkeiten, gekommen sein. Es wird erzählt, Albert habe seinem Bruder Markus geradezu vorgeworfen, selbst den Diebstahl begangen und nur deswegen den Verdacht auf ihn gelenkt zu haben, um ihm das Herz des von beiden umworbenen Mädchens abspenstig zu machen.“

„Eine Zwischenfrage, Herr Steuerrat,“ unterbrach der Detektiv den liebenswürdigen Alten. „Hat diese Aussprache denn einen Zeugen gehabt?“

„Bestimmt weiß ich das nicht. Die Wendels hatten eine Haushälterin, und die soll die Streitenden, als der Lärm ihr zu groß wurde, getrennt und – vorher wohl so ein wenig gelauscht haben.“

„Lebt die Frau noch?“ meinte Schaper interessiert.

„Ja. Im städtischen Altenheim. Sie ist inzwischen ein steinaltes Mütterchen geworden, dabei aber geistig und körperlich noch recht rüstig. Frau Helene Anton heißt sie. Ich kenne sie persönlich, da ich

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/32&oldid=- (Version vom 25.7.2016)