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stören. Grüßen Sie bitte Herrn Müller von mir. Leider muß ich morgen früh schon weiterreisen. Aber in einigen Tagen komme ich wieder her.“

Wernicke machte ein sehr enttäuschtes Gesicht.

„Ich hoffte, Sie würden die Sache nun sofort aufklären,“ meinte er.

„Geht beim besten Willen nicht. Ich muß zunächst eine andere sehr dringende Sache erledigen.“

„Und Sie kommen wirklich wieder?“

Schaper lachte. „Denken Sie etwa, ich fürchte das graue Gespenst …? Nein, bester Herr Wernicke! Ich bin schon mit anderen, gefährlicheren Geistern fertig geworden. – Auf Wiedersehen also …!“

Wenn der Kaufmann aber gedacht hatte, daß der Detektiv jetzt behaglich in den „Drei Kronen“ einen Abendschoppen trinken würde, so täuschte er sich gründlich. Nur dazu, um mit Herrn Ernst Wernicke eine Stunde zu verplaudern, war Fritz Schaper wahrlich nicht nach Gauben gekommen. Im Gegenteil. Keine zwei Stunden später, nachdem es völlig dunkel geworden war, schwang sich eine schlanke Gestalt über die hohe, verwitterte Mauer der Mönchsabtei in den Garten hinab und schlich lautlos auf das düstere Gebäude zu, durch dessen Fensterladen nur im Erdgeschoß ein einzelner schmaler Lichtstreif zu sehen war.

Daß der Privatgelehrte Müller sich keine Hunde hielt, hatte Schaper schon von dem Hotelkutscher erfahren. Mithin konnte er sich ziemlich frei bewegen. Er gedachte das Terrain zunächst einmal allein zu besichtigen. Denn daß hier bei dieser Gespenstergeschichte irgend ein grober Schwindel vorlag, dessen war er gewiß. Damals als er den Brief des Privatgelehrten sorgfältig gelesen hatte, tauchte sofort der ziemlich naheliegende Verdacht in ihm auf, daß Müller mit Hilfe seines Dieners den Geisterbeschwörer spielte. Diese Annahme glaubte er jetzt

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/42&oldid=- (Version vom 25.7.2016)