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konnte der angebliche Konsulatssekretär nicht den Brief aus Gauben im Zimmer „seiner Schwester“ vernichtet, dabei aber gerade das eine Stückchen übersehen haben?

Wohl eine Stunde verging über diesem nutzlosen Grübeln, mit dem Fritz Schaper sein Hirn zermarterte. Er fand eine ihm zusagende Erklärung nicht. Überhaupt – hier gab es ja noch so manche Fragen zu lösen. Wie war z. B. Deprouval in den Besitz des mit dem Aufdruck des englischen Generalkonsuls versehenen Briefbogens gelangt? Und die Hauptsache: Was hatte dieser hartgesottene Schurke mit Charlotte Wendel vor? Gedachte er wirklich die Erbschaft an sich zu reißen? Und wenn, auf welche Weise?

In dieser unangenehmen Lage rief er sich seinen Bürovorsteher herbei und beriet mit diesem, was man nun zunächst tun solle. Lemke, ein alter Praktiker in dem vielseitigen Detektivberuf, horchte hoch auf, als Schaper ihm die Geschichte von dem Brieffragment erzählte. Dann rückte er mit seinem Vorschlag heraus.

„Wie wär’s, Herr Schaper, wenn Sie jetzt sofort nach Gauben fahren und sich dort so ein wenig um die Mönchsabtei und ihre Bewohner kümmern würden? Indessen könnten wir hier mit all unseren verfügbaren Kräften nach dem Verbleib Deprouvals und der jungen Dame forschen lassen. So verlieren wir keine Zeit und sind auf beiden Schauplätzen tätig.“

„Genau denselben Gedanken hatte auch ich,“ meinte Schaper. „Gut. Dann geht also die Jagd auf der Eisenbahn wieder los. Doch – was hilft’s?! Ich reise also mit dem Mittagszuge. Abends sieben Uhr geben Sie eine Depesche an Müller nach Gauben auf, daß ich morgen mit dem letzten Zuge dort eintreffe. Auf diese Weise habe ich die kommende Nacht und den Tag ganz für mich. Natürlich fahre ich nicht als Fritz Schaper, sondern in irgend einer Verkleidung.“




Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/78&oldid=- (Version vom 26.7.2016)