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In der Stube des Chauffeurs ließ sie mich allein, um das Auto zur Fahrt nach Trelleborg fertig zu machen. Die Kleider des Chauffeurs paßten mir leidlich, und nachher nahm ich auch noch einen kleinen Koffer mit, um mehr den Eindruck eines schlichten Reisenden hervorzurufen.

Wir fuhren davon. Sie saß am Steuer. Ich neben ihr. Wir tauschten wie bisher nur wenige Worte aus. Und kurz vor sechs Uhr hielten wir unweit Trelleborgs auf der Chaussee. Ich stieg aus, nahm den Koffer, dankte dem Mädchen und übersah ihre Hand, die sie mir zwanglos hinreichte – wollte sie übersehen …

„So nehmen Sie doch,“ rief sie ungeduldig. „Sie brauchen doch Geld, und die drei Schminkstifte werden Sie auch zu benutzen verstehen …“ – Als Nachsatz kam ein wenig verlegen: „Man würde es Ihrer Gesichtsfarbe ansehen, Herr Abelsen, woher Sie kommen …“

Ich nahm. Bevor ich jetzt jedoch, gerührt durch ihre Fürsorge, meinen Dank nochmals in herzlichere Worte kleiden konnte, wurde das Auto geschickt gewendet, sauste den Weg zurück, entschwand. Mein Händewinken, meine Zurufe blieben unbeachtet, und meine Retterin, die niemals, das hatte ich ja längst gemerkt, eine Kammerzofe war, entglitt mir vielleicht für immer. Ich hatte sie nicht nach ihrem Namen gefragt, ich hatte nur still in mich hineingelächelt, wenn sie während der spärlichen Unterhaltung sich mit geringem Erfolg bemüht hatte, in ihrer Ausdrucksweise den Ton eines halbgebildeten Mädchens zu treffen. Und doch wußte ich ihren Vornamen: Gerda! – Der Mann mit dem blonden Spitzbart hatte ihn mehrfach über seine elenden Lippen gebracht, bevor

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)