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Doktor Jörnsen, fraglos ein übler Feigling, so plötzlich den Mut gefunden, seinem Leben ein Ende zu machen.

Ich sollte ihm diesen Mut eingeflößt haben – – ich?! Wodurch?! Ich hatte ihn doch lediglich gefragt, weshalb er seinen Onkel und dessen Frau verfolge! Und da war diese seltsame Wendung eingetreten, da hatten wir jede Macht über ihn verloren …!

Vieles ging mir durch den Kopf. Ich hatte jetzt ausschließlich die Verantwortung für alles, was wir zur Rettung der beiden Jörnsens tun würden. Mein Kamerad, das fühlte ich, würde diesen Kampf gegen seine niedergedrückte, trostlose Stimmung diesmal nicht so schnell wie bisher als Sieger beenden können.

Die Mahlzeit war fertig. Ich hatte der Bequemlichkeit halber den Tisch gleich in der Kombüse gedeckt. Ich besinne mich so genau, daß ich mir damals besondere Mühe gegeben, unsere bescheidene Tafel recht zierlich herzurichten, denn – das Auge ißt mit. Es gab ein echt deutsches Gericht: Konserveneisbein mit Erbsbrei und Sauerkohl, dazu eine große Schale eingemachte Früchte, als Getränk Rotwein. Einzelheiten eines Tages wie jener, an dem nachher Schlag auf Schlag die Überraschungen folgten, vergißt man nie. Noch heute träume ich oft davon, weit häufiger als über die Ereignisse jener Nacht, wo die Ankerketten des Torstensen wie Stahlsaiten erklangen, rissen und der Kutter in den stillen Triftkanal getrieben wurde.

Ich ging an Deck, um Boche Boche zu Tisch zu bitten. Da begann das Wunderbare dieses Nachmittags. Der Kamerad hatte seinen Platz

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Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/169&oldid=- (Version vom 31.7.2018)