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auf der Vorderluke verlassen und stand an der Reling mit angelegter Büchse … Sein Ziel war ein großer schwarzer Vogel, der drüben am Ufer auf einer spitzen Felszacke saß – ein Kropfrabe, der sowohl in Patagonien wie auf Feuerland in Scharen vorkommt.

Der Schuß knallte, und der schwarze Vogel sank wie vom Blitz getroffen in das Geröll.

„Weshalb?!“ fragte ich erstaunt.

Boche Boche drehte sich um, nickte mir zu und kletterte rasch in den Kahn der Feuerländer hinab, dessen rohe Planken innen noch die dicken schwarzen Blutkrusten der nächtlichen Metzelei zeigten, an die ich ungern zurückdachte, denn in jenen Minuten, wo ich wie ein Berauschter auf die Flüchtlinge gefeuert hatte, war mir das Verständnis für den in jedem Menschen schlummernden tierischen Vernichtungstrieb aufgegangen, der im Weltkrieg so furchtbare Orgien auf Geheiß einiger kaltherziger Diplomaten gefeiert hatte, – und dieser meiner Schwäche, nun selbst diesem Tierischen unterlegen zu sein, schämte ich mich.

Der Kamerad löste die Leine des Kahnes, griff zu den Rudern und trieb das schwere Fahrzeug ans Ufer, bückte sich, hob etwas Weißes auf und trat die Rückfahrt zum Kutter an.

Das Weiße, nein, das Grauweiße war ein kleines angeschmutztes Taschentuch mit schmalem Spitzenrand. Die eine Vorratskiste des Torstensen enthielt einige Dutzend gleicher Damentaschentücher.

Boche Boche zeigte mir das Tüchlein. „Der Rabe, Olaf, kam von Nordost über die Randhöhen der Bucht mit diesem Tuche im Schnabel dahergeflogen. Ich sah, daß es ein Damentüchlein

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Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/170&oldid=- (Version vom 31.7.2018)